The Great Dictator (1940)
Mit seiner Melone, seinem Bambusstock, dem o-beinigen Watschel-Gang und seinem kleinen Oberlippenbärtchen hatte sich Charlie Chaplin etwa ab Mitte der 10er Jahre in die Filmgeschichte eingeschrieben, wobei er im Gegensatz zu vielen anderen Komikern seiner Zeit auch als Regisseur nachhaltig Eindruck hinterließ - unter anderem mit "The Kid" (1921), "The Gold Rush" (1925), "City Lights" (1931) oder "Modern Times" (1936). Doch allmählich geriet Chaplins Bärtchen in den 30er Jahren immer stärker zum Markenzeichen Adolf Hitlers, der es um 1920 gegen seinen früheren Schnurrbart eingetauscht hatte - schon lange vor "The Great Dictator" trieben diverse Zeitschriften mit dieser Ähnlichkeit Scherz und so verwundert es nicht, dass Chaplins womöglich größtes Meisterwerk mal mehr, mal weniger ernsthaft als persönlicher Racheakt aufgenommen worden ist. Tatsächlich verdankt sich "The Great Dictator" Chaplins tendenziell linker Ausrichtung, seinem durch viele Auslandsreisen geschärften Interesse an der weltpolitischen Lage und seiner Abneigung von Führerfiguren wie Hitler, Mussolini, Stalin oder Franco.
"The Great Dictator", der am 15. Oktober 1940 uraufgeführt worden war und nun wieder durch viele Programmkinos tingelt, geht zurück auf erste Ideen im Jahre 1935. Chaplin, der schon Anfang/Mitte der 30er Jahre von den Nazis als "widerlicher jüdischer Artist" bezeichnet worden war, konnte seit mehrfachen Sichtungen von Riefenstahls "Triumph des Willens" (1935) die großkotzigen Gesten und effekthascherischen Auftritte Hitlers gekonnt nachahmen und der Lächerlichkeit preisgeben. Unter wechselnden Titeln variiert Chaplin dann 1938 und 1939 die Ideen für seine Hitler-Satire, ehe er dann Ende 1939 zu drehen beginnt: Die Geschichte des eitlen, infantilen und unberechenbaren Despoten Hynkel und eines jüdischen Friseurs, der Hynkel aufs Haar gleicht und an seiner Stelle gegen Ende eine pazifistische, zutiefst humane Rede halten wird, bietet respektlose Bloßstellungen, Slapstick und wundervollen Sprachwitz (nachdem sich Chaplin lange Zeit gegen den Tonfilm gesträubt hatte). Nach Kriegsende war dann nicht bloß Chaplin klar, inwiefern seine Satire die finstere Realität verfehlt hatte: Hätte er die neuen Erkenntnisse schon damals besessen, so hätte er "The Great Dictator" nie gedreht, Überlebende des Holocaust konnten teilweise nicht so recht über die KZ-Episoden des Films lachen und neben der bis heute aktuellen "Darf man das?"-Frage bleibt auch der Hinweis bestehen, dass Chaplins letztlich nicht allzu treffsichere Satire eigentlich nur vor dem Hintergrund ihres Entstehungszeitraums betrachtet werden kann. Dieser Punkt und der etwas zu belehrende Schluss des Films schmälern freilich kaum die filmischen Qualitäten, den Wortwitz und die Körperkomik Chaplins, die gehässige Respektlosigkeit und die grundsätzliche Haltung des Films.
Bei Zweitausendeins liegt eine kostengünstige Version der Arthaus-DVD vor (Fassungseintrag von TakaTukaLand), während man bei Arthaus selbst inzwischen längst auch BR-Veröffentlichungen nachgereicht hat: Fassungseintrag von DavDavid2
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