Tess of the Storm Country (1922)
Als Edwin S. Porters "Tess of the Storm Country" im März 1914 herauskam, da war diese Verfilmung des gleichnamigen 1909er-Erfolgsromans der Autorin Grace Miller White für Mary Pickford einer der entscheidendsten Erfolge, der ihre Karriere in gesicherte Bahnen lenkte. 22-jährig war Pickford, als sie für Porters späten, abendfüllenden Spielfilm die junge Tess spielte: Mit vielen anderen hat sie sich auf dem Land eines Grundbesitzers niedergelassen, der die Siedler freilich zu vertreiben gedenkt. Tess, die eine geheime Beziehung zum gütigeren Sohn des Mannes pflegt, gibt sich kämpferisch – aber es scheint sich schlecht zu entwickeln, als sie vor lauter Güte das vorehelich gezeugte Kind der Schwester ihres Geliebten als das eigene ausgibt... und nun zur Gemiedenen, Verrufenen gerät. Pickford soll diesen Film einmal als den Beginn irher Karriere bezeichnet haben. Diese gedachte sie acht Jahre später aufzufrischen: Der 1914er-Film – in der Zeit der Pionierwerke des Langfilms entstanden, noch zudem von einem der frühen Filmpioniere in der Spätphase seines Schaffens inszeniert – wirkte 1922 infolge des raschen Wechsels der Filmästhetik und der Filmsprache nicht mehr ganz zeitgemäß und modisch... Also schlüpfte Pickford nun noch einmal 30-jährig in die Rolle des Teenagers an der Grenze zum Erwachsensein. Diese Neuverfilmung von John S. Robertson, der zuvor mit "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" (1920) Erfolge feiern konnte, ist wesentlich aufwendiger gestaltet, verläuft dynamischer und organischer, setzt auf beeindruckendere Kulissen und nimmt sich für die Handlung deutlich mehr Zeit, das heißt: ungefähr doppelt so viel Zeit: Zehn statt fünf Filmrollen wurden gefüllt für diesen Film, der heutigen Sehgewohnheiten wesentlich näher kommt als die vorherige Version. Bloß das Alter der Darstellerin geriet angesichts der favorisierten Kindfrau-Figuren hier und in folgenden Filmen weniger vorteilhaft. Dennoch ist die 1922er-Version die beliebtere geblieben, die auch angesichts späterer Tonfilmversionen ihren Reiz nicht eingebüßt hat.
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