Frankenstein Unbound (1990)
Nachdem Hollywoods klassisches Studiosystem seine Blütezeit überschritten hatte und sich Hollywoods Randzonen gehörig belebten, da brachten Samuel Z. Arkoff & James H. Nicholson mit ihrer Filmgesellschaft AIP eine Reihe kleiner, reißerischer Monster-, Gewalt-, Rock-n-Roll-, Action- und Party-Streifen für ein jugendliches Publikum unter die Leute. In diesem Klima gedeiht auch der Filmemacher Roger Corman, der zunächst mit kostengünstigen Western, Sci-Fi- & Monsterfilmen für Sunset Productions oder Golden State Productions auffällt und dann bei AIP allmählich immer hochwertigere Exploitation-Filme anfertigt, wobei er enormes Talent bewies, aus minimalen Mitteln ein Maximum herauszuholen - schließlich war er auch ein gewiefter Produzent. Seine Hochphase als Regisseur erlebt er dann mit den farbprächtigen AIP-Poe-Verfilmungen, die er anfangs noch gegen die Bedenken von Arkoff & Nicholson verteidigen musste, gab es in ihnen doch keinerlei Monstren, basierten sie doch auf literarisch wertvollen Werken und war doch das Budget etwas höher als üblich, sodass Corman gleich selbst einige finanzielle Mittel beisteuerte, um einen Star (Vincent Price), Farbe und talentierte Autoren zu bekommen. Von "House of Usher" (1960) profitierten AIP und Corman gleichermaßen - und letzterer legte nicht nur weiter gothic horror-Filme nach, sondern auch neuartige Biker- oder Drogenfilme, um ganz nebenbei noch maßgeblich an der Entstehung des road movies beteiligt zu sein; über 50 Filme drehte Corman im Laufe seiner Karriere - einen Großteil davon für AIP, manches aber auch für andere Gesellschaften - und betreute als Produzent zudem eine Vielzahl späterer Größen der (New) Hollywood-Filmlandschaft: Francis Ford Coppola, Ron Howard, Martin Scorsese, Monte Hellman, Dennis Hopper, Jack Nicholson, James Cameron, Robert De Niro, Peter Bogdanovich, Joe Dante usw. Dabei schreckte er auch vor der respektlosen Umarbeitung sowjetischer Sci-Fi-Hits für ein amerikanisches Publikum nicht zurück. Anfang der 70er Jahre gab er dann seine Karriere als Regisseur auf und verlegte sich auf das Produzieren und Vertreiben von Filmen: "Von Richthofen and Brown" (1971) blieb für fast zwei Jahrzehnte seine letzte Regiearbeit, stattdessen kümmerte er sich nun um die Produktionen seiner 1970 gegründeten New World Pictures: neben allerlei Exploitationfilmen, die New World Pictures produzierte, vertrieb man dort auch künstlerisch wertvolle, meist ausländische Arbeiten wie "Viskningar och rop" (1972), "The Harder They Come" (1972), "La Planète sauvage" (1973), "Amarcord" (1974), "Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann" (1975), "L'Histoire d'Adèle H." (1975), "Dersu Uzala" (1977) oder "Höstsonaten" (1978)...
"Frankenstein Unbound" (1990), die Verfilmung eines Brian Aldiss-Romans, war dann - nach einer veröffentlichten Autobiographie - vielleicht ein Liebesdienst an Cormans Fans, vielleicht auch ein Versuch, sich nochmals selbst zu beweisen, nachdem er in 19 Jahren allenfalls vereinzelte Szenen seiner Produktionen ungenannt als (Co)-Regisseur betreute - wie z.B. bei "Battle Beyond the Stars" (1980). Der am 02. November uraufgeführte Film wirkt wie ein Sammelsurium aus Versatzstücken des Exploitationkinos, reist doch der Wissenschaftler Buchanan aus einer retro-futuristischen Welt (die den 70er Jahren entsprungen zu sein scheint) mit seinem sprechenden & denkenden Auto infolge eines gewagten Experiments, das auch schon einen aggressiven Hunnen in Buchanans Welt geschleudert hat, in die Vergangenheit, wo er auf Mary W. Shelley und Dr. Frankenstein gleichermaßen trifft. Splatter, Monster, Lichteffekte, Explosionen und die Schauwerte verschiedenster Genres ergänzen sich zu einer trashigen camp-Melange, die von Ironie, cleveren filmhistorischen & historischen Anspielungen, einer kurzweiligen Dramaturgie und hervorragenden Hauptdarstellern (John Hurt, Raul Julia) getragen wird: "Frankenstein Unbound" ist sicher nicht Cormans künstlerisch wertvollster Film, aber durchaus unterhaltsamer und ordentlicher als eine Vielzahl seiner bis in die Gegenwart anhaltenden Produktionen. Und er ist nicht ganz so dämlich, wie es die zunächst unsinnig erscheinenden Versatzstücke befürchten lassen.
Bei Warner liegt der Film auf DVD vor: Fassungseintrag von RICOinBERLIN
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