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von ratz

Vor 75 Jahren: John Huston läutet die Schwarze Serie ein

Stichwörter: 1940er Bogart Hammett Huston Jubiläum Klassiker Krimi Kriminalfilm Literaturverfilmung Noir Spielfilm USA

The Maltese Falcon (1941)

Man mag sich trefflich darüber streiten, was genau „Film noir“ eigentlich ist, welcher der erste und welcher der beste ist – unbestritten ist die ungebrochene, ja wachsende Beliebtheit jener Filme aus den 40ern und 50ern. Als Schlüsselwerk für diesen Kanon, der erst am Ende der 60er Jahre überhaupt abgesteckt wurde und seinen Namen erhielt, gilt gemeinhin „Die Spur des Falken“, das Regiedebut von John Huston für die Warner Brothers, der am 3. Oktober 1941 seine New Yorker Premiere feierte. Was aber ist es genau, das diese Filme inhaltlich und stilistisch immer noch so attraktiv macht und sie bis heute zum Gegenstand der Auseinandersetzung für Filmemacher, Filmtheoretiker und -fans werden läßt?

Man kann an „Die Spur des Falken“, einer ziemlich wortgetreuen Verfilmung der Vorlage von Krimiautor Dashiel Hammett, die wichtigsten Elemente des klassischen Film noir identifizieren: Die Hauptfigur ist ein mit allen Wassern gewaschener, nicht unbedingt liebenswerter Privatdetektiv (Humphrey Bogart in ikonischer Rollenbesetzung), der durch eine ebenso schöne wie undurchsichtige Frau (Mary Astor) in ein schwer zu entwirrendes Netz aus Lügen, Gier und Gewalt gezogen wird und es mit gefährlichen Gangstercharakteren zu tun bekommt. Mit moralisch zumindest zweifelhaften Methoden verfolgen alle Figuren ihre niederen Ziele und lassen dem desillusionierten Zuschauer keine Zweifel daran, daß aus diesem Spiel aus Plänen und Gegenplänen, Täuschung und Betrug niemand unbeschadet hervorgehen wird (tatsächlich offenbart Bogarts Figur erst ganz zum Schluß eine Prise menschlichen Anstands, jedoch eher aus Verlegenheit denn aus Überzeugung). Neben den zumindest für die 1940er typischen Handlungselementen und Figuren mit ihren lakonischen Hardboiled-Dialogen sind es aber auch die visuellen Reize in „Die Spur des Falken“, die ihn zu einem „echten“ Noir machen: Viele Szenen spielen im Dunkeln, werden aber kontraststark ausgeleuchtet und schaffen reizvolle Licht-Schatten-Effekte (auch die so typischen Streifenschatten von Außenjalousien, sog. Venetian blinds, fehlen nicht). Die enge Kadrage im damals üblichen Academy-Bildformat bewirkt eine klaustrophobische Stimmung, durch den permanenten Zigarettenrauch sind zahllose Trenchcoats und Hüte zu sehen. – Der Einfluß dieser Elemente und die durch sie erzeugte düstere, pessimistische Grundstimmung auf weitere klassische Film noirs sowie Neo-Noirs bis heute ist nicht zu überschätzen und macht Hustons Erstlingsfilm zu einer ebenso lehrreichen wie unterhaltsamen Krimierfahrung.

In Deutschland wurde und wird „Die Spur des Falken“ eher stiefmütterlich behandelt: Nicht nur läuft er im Fernsehen stets gekürzt, sondern die deutsche Synchronisation aus den 60ern ersetzt die originale Filmmusik von Oscargewinner Adolph Deutsch durch einen anachronistischen Swing-Score – eine Sünde, die bislang nicht behoben wurde und daher die Sichtung der O-Tonfassung unverzichtbar macht. Die Kauf-DVD ist derzeit vergriffen, eine Blu-ray mit vorzüglichem Bild und guten Extras jedoch erhältlich (Fassungseintrag von pinheadraiser1). Als das Filmerlebnis abrundende Folgelektüre sei die OFDb-Kritik von Jayson empfohlen.


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