Dracula vs. Frankenstein (1971) & La noche de Walpurgis (1971) & Cuadecuc, vampir (1971)
Vor einem halben Jahrhundert hatten sie Hochkonjunktur im Kino: Vampire, insbesondere die geradezu klassischen, mythischen Vampirfiguren aus einer Gemengelage aus Geschichte und Literatur – Vlad III. Drăculea bzw. Vlad Țepeș und Graf Dracula (mit welchem Bram Stoker das historische Vorbild in den 1890er Jahren literarisch aufgriff), Báthory Erzsébet und die Blutgräfin (die ab den 1820er Jahren von diversen Autoren für vampirische Erzählungen aufgegriffen wurde).
In den frühen 70er Jahren erlebten die klassischen Figuren des Horrorfilms bei Hammer noch immer eine – allerdings bereits abflauende – Hochphase, an der sich – trotz des sich seit 1968 ankündigen Siegeszug des modernen Horrorfilms – noch etliche Genrefilmer orientierten, insbesondere in Spanien und den USA.
Al Adamson gehörte zu den umtriebigeren US-Genrefilmern im Low-Budget-Sektor, der mehrfach Vampirismus-Motive adaptierte und mit subobtimal umgesetzten Oberflächenreizen solcherart umsetzte, das späterhin nur – aber dafür um so inniger – Trashfans dafür erwärmen mochten. Einer von Adamsons kultigsten Reißern ist der am 20. September 1971 uraufgeführte "Dracula vs. Frankenstein", zu dessen Cast der Genre-Altstar Lon Chaney Jr., der mehrfach Oscar-nominierte Classical Hollywood-Star J. Carrol Naish sowie Phantastik-Fandom-Ikone Forrest J. Ackerman zählen. Die wüste, triviale Handlung ist denkbar einfältig: Frankenstein-Nachkomme lässt in seinem Kuriositätenkabinett vom gehandicapten Faktotum mehrere Opfer anschleppen und erhält bald Besuch vom Grafen Dracula, der ihm die Wiedererweckung des echten Frankenstein-Monstrums verspricht, wenn der mad scientist dem Vampir im Gegenzug mit einem Serum tageslichtunempfindlich werden lässt... Der Titel ist (wie beim im Vorjahr entstandenen "Los monstruos del terror"/"Dracula jagt Frankenstein" (1970, Anniversary-Text)) programmatisch, nicht bloß für diesen Film, sondern gleich für den klassischen Horrorfilm, der abermals – wie schon Mitte der 40er Jahre bei Universal – über immer abstrusere, naivere Crossover-Konzepte sein baldiges Ende ankündigte. Das Review von Randolph C. und die Filmkritik von Frank Trebbin sagen so ziemlich alles über Qualität und Status des unter Genre-Aficionados beinahe schon legendären Schundfilms...
Während im September des Jahres Graf Dracula auf Frankenstein samt Monstrum treffen durfte, konnte sich die – gerade vom erotisierten Vampirfilm der frühen 70er Jahre dankbar aufgegriffene – Blutgräfin Bathory schon ab dem 17. Mai 1971 mit einem, vielmehr: mit dem Werwolf herumschlagen. Der Werwolf war einmal mehr Paul Naschy, der als Werwolf Graf Waldemar Daninsky schon 1968 mit Vampiren rangelte, 1970 an Mumie, Vampirgraf, Frankenstein-Kreatur und Außerirdische geriet, 1972 noch in sein weiteres triebhafteres Alter Ego Mr. Hyde gespalten wurde und danach unter anderem noch an den Yeti geriet... In León Klimovskys "La noche de Walpurgis" bekommt er es nochmals mit Vampiren zu tun: Zu Beginn als mit Silberkugeln erschossener Wolfsmensch unwissentlich und ungewollt von rationalen Polizisten und Ärzten widerbelebt, nimmt Werwolf Waldemar Daninsky alsbald zwei junge Studentinnen bei sich auf, deren Interesse an Hexerei und Vampirismus dummerweise zur Wiederbelebung von Gräfin Wandesa Dárvula de Nadasdy: bei dieser wird ebenso deutlich die Blutgräfin Bathory angespielt wie Graf Dracula beim Grafen Janos in "Los monstruos del terror". In Carlos Aureds " El retorno de Walpurgis" (1973) und späteren Daninsky-Filmen hießen die Vampirgräfinnen, mit denen sich der Werwolf zu balgen hatte, dann ganz regulär Elizabeth Bathory. In "La noche de Walpurgis" wird sie von Patty Shepard verkörpert, die neben Gaby "Hexen bis aufs Blut gequält" Fuchs und Barbara Capell für die erotischen Aspekte dieses Heulers sorgt, der freilich ausgesprochen naiv und trivial daherkommt, aber mit altbackener Gruselatmosphäre, der sympathisch-unschuldigen Naivität, Erotizismus und inszenatorischem Geschick bei schmalem Budget durchaus liebenswert erscheinen kann: Review von PierrotLeFou
Am 17. Mai 1971 kam noch ein weiterer Film über einen Vampirgrafen und ein anderes Monstrum in die Kinos: abermals aus Spanien, aber über Christopher Lee auf den Einfluss der Hammerstudios verweisend. Die 70er Jahre waren aber eben nicht nur die Dekade des erotisierten Vampirfilms und der trivialisierten Monster-Crossover, sondern auch die Dekade des ungehemmt und ausgelassen agierenden, politisierten, subversiven und dabei jede Geschmacklosigkeit erwägenden Kinos: vom Kommunismus-Opfer-Aristokraten-Dracula in "Dracula cerca sangue di vergine... e morì di sete!!!" (1973) über den künstlerischen Plagiator Richard-Wagner-Dracula in "Lisztomania" (1975) bis hin zum ausbeuterischen Kapitalisten-Vampir in "L'usine du vampire" (1977) wurde der Vampir in dieser Dekade immer wieder als bedeutungsschangeres Symbol verwendet. So auch in Pere Portabellas "Cuadecuc, vampir": Portabella, einer der subversivsten Filmemacher im ausgehenden Franco-Spanien, hielt die Dreharbeiten zu Jess Francos unaufregendem "El conde Drácula" (1970), den er – im Vorspann, wegen Christopher Lees Mitwirkung – als Hammer-Produktion verkannte und den er auch nicht als subversiv auffassen konnte: Da mögen Vorurteile hineingespielt haben, aber jene Subversionen, die ein Jess Franco durchaus aufzuweisen hatte, kamen in dieser etwas biederen Bram-Stoker-Verfilmung in einem Spanien, das sich seit 1962 und besonders seit ein, zwei Jahren für kommerzielle Horrorfilme geöffnet hatte, hier nun wirklich nicht zu tragen (obgleich die Beziehung kommerziellen Horrorkinos und franquistischer Zensur stets spannend und angespannt blieb). "El conde Drácula" ist kaum mehr als ein mäßiges Mode- und Kommerzprodukt ohne jegliche Hintergründigkeiten. "Cuadecuc, vampir" machte sich nun daran – als Mittelteil einer losen Trilogie experimentierfreudiger, schwarz-weißer, essayistischer Film-Subversionen gegen alle Richtlinien der Filmproduktion unter Franco – die Dreharbeiten von "El conde Drácula" festzuhalten, um über Montage, Ton und sogenannte Metalepsen die Konventionen des Horrorfilms aufzudecken, die Produktion von Filmklischeees satirisch darzubieten, eine Lust an der Gewalt aufzudecken und vielleicht auch, um den gewaltsamen Diktator als Monstrum im Vampirgrafen gespiegelt sehen zu können. Wenn sich Portabellas Kamera in "Informe general sobre unas cuestiones de interés para una proyección pública" (1977) dem Grab des toten Diktators nähert, dann schwingen da Horrorfilm-Assoziationen jedenfalls mit. Portabellas Vorgehensweise verzichtet in "Cuadecuc, vampir" dabei auf jede Häme: Jess Franco, der Jazz-Experte, war immerhin eine freundschaftliche Bekanntschaft von Portabella-Kompagnon, Filmemacher und Musiker Carles Santos, derweil Christopher Lee als Opernsänger in "Umbracle" vor Portabellas Kamera zurückkehren sollte: vielleicht Lees bester Film neben "The Wicker Man" (1973). Der einst rare Streifen ist mittlerweile gut zu bekommen: als Ergänzung zu "El conde Drácula" auf dessen Blu-ray-Veröffentlichung von Severin (Fassungseintrag von Mr. Mannchen) oder aber auf der DVD der Portabella-Edition von )intermedio( (Fassungseintrag von PierrotLeFou)... Einzelveröffentlichungen sind zudem etwa beim britischen Label Second Run erhältlich...
Registrieren/Einloggen im User-Center
Auch in diesem Jahr wieder ein kleines Halloween-Triple mit Jubiläumsjahr-Horrorfilmen… 😉
(Bei der Veröffentlichungszeit habe ich ein wenig geschummelt, das wäre eigentlich 02.15 Uhr gewesen, aber damit ist wohl wegen der heutigen Zeitverschiebung zumindest in der aktuellen Stunde nichts zu veröffentlichen…)
Allen Usern einen erholsamen Sonn- und Feiertag… 😉