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von PierrotLeFou

Vor 100 Jahren: Dänisches Spionage-Abenteuer vom “Häxan”-Regisseur

Stichwörter: 1910er Christensen Dänemark Drama Jubiläum Klassiker Spielfilm Stummfilm Thriller

Det hemmelighedsfulde X (1914)

Vor ungefähr hundert Jahren hat - lässt man vereinzelte Ausnahmen unbeachtet - die Geschichte abendfüllender Spielfilme endgültig begonnen: irgendwo zwischen dem teilweise noch etwas unbeholfen, zweistündigen "Quo Vadis?" (1912/1913) Guazzonis und D. W. Griffith' beinahe dreistündigen "The Birth of a Nation" (1915), einem der großen Über-Klassiker der Filmgeschichte, tummeln sich die Pionierwerke eines Urban Gad, eines Stellan Rye, eines Louis Feuillade, eines Ernst Lubitsch, die heutigen Sehgewohnheiten teilweise äußerst nahe kommen.

"Det hemmelighedsfulde X" (1914) von Benjamin Christensen, der hier vor & hinter der Kamera in allen wichtigen Funktionen brilliert und später mit seinem erstaunlichen "Häxan" (1922) weitaus bekannter geworden ist, zählt zu den herausragenden Spielfilmen seiner Zeit. Im März dieses Jahres erlebte der (immerhin über ein ganzes Quartal hinweg abgedrehte) Mix aus abenteuerlicher Spionage-Kolportage und Melodram sein 100. Jubiläum; auch wenn sich die recht triviale Handlung durchaus noch heute goutieren lässt, dürfte man vermutlich eher beim Anblick der Form ins Staunen geraten: nicht bloß die vereinzelten krassen Kontraste zwischen Licht und Schatten, die immer wieder besprochen werden, nicht der Einfall der Animationstechnik in den Realfilm, den Mark Cousins in seiner Reihe "The Story of Film" (2011) herausstellt, sondern auch die vielen kleinen Kameraschwenks - die sich wie selbstverständlich ereignen, sobald sie erforderlich sind - und die Inszenierung des Raums, die sich vom Vorder- bis in den Hintergrund erstreckt und selbst noch die Ereignisse in diversen Wandspiegeln berücksichtigt, sind ihrer Zeit weit voraus.

Wer sich über die Qualität dieses frühen Spielfilm-Klassikers selbst ein Urteil bilden will, kommt - wenn ihm die Streaming-Angebote des Internets nicht ausreichen - um die DVD des Danske Filminstitutet, die den Film zusammen mit Christensens ebenfalls beachtlichen "Hævnens nat" (1916) in ihrer löblichen Reihe "Danske Stumfilmklassikere" veröffentlicht hat, kaum herum:

Fassungseintrag von Trooper Death


Kommentare und Diskussionen

  1. MMeXX sagt:

    Schöne Sache! Und die DVD habe ich sogar bereits beim vorletzten Kopenhagen-Ausflug eingesackt. Das wäre eine gute Gelegenheit, den endlich mal zu schauen.

  2. Kameraschwenks von 1914 – das klingt hochinteressant. Christensen ist durch “Häxan” natürlich auf meinem Schirm, Sehenswertes hat er wohl mehrfach geschaffen. Nun kommt “Det hemmelighedsfulde X” durch die Hinweise hier gerne nach oben auf die Stummfilmliste.

    Ach: und herzlichen Glückwunsch zu dieser Rubrik – gefällt mir sehr gut!

  3. PierrotLeFou sagt:

    @ratz: gute Frage…

    theoretisch wäre genug Material vorhanden, um interessante, mehr oder weniger kanonisierte, wenngleich selten gesehene 1914er Titel in diesem Jahr bis zum Jahresende zwei-, dreiwöchentlich wechseln zu lassen; allerdings ist die Nachfrage nach anderen Jubiläumstiteln ja definitiv vorhanden.

    Ich würde da (nachher) im thread im Gemeinschaftsforum [ http://www.gemeinschaftsforum.com/forum/index.php/topic,164603.msg1120335.html#new ] nochmals nachfragen, welche Möglichkeiten erwünscht/unerwünscht wären… 😉

  4. ratz sagt:

    Werden hier alle möglichen Anniversarien gewürdigt, oder nur hundertjährige?

  5. Dr. Kosh sagt:

    Sehr schön, der erste Beitrag für die neue “Anniversary-Ecke”! 🙂

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