Hævnens nat (1916)
Mit dem schwedischen "Häxan" (1922) hat Benjamin Christensen einen Meilenstein geschaffen, der mit seiner einzigartigen Atmosphäre unter Horrorfans ein hohes Ansehen genießt, der als wichtiger Vorläufer des essayistischen Films gilt, der inszenatorisch viele kleine Bravourstücke zu bieten hat. Die restlichen Filme des Dänen fristen dagegen nahezu ein Schattendasein: Sein Debüt "Det hemmelighedsfulde X" (1914) kommt derzeit auf nicht einmal 300 IMDb-Bewertungen. Bei seinem Lon Chaney-Drama "Mockery" (1927) sieht das ähnlich aus. Die Horrorkomödie "Seven Footprints to Satan" (1929) bringt es auf nicht einmal 200 Bewertungen, gleichwohl Genrefans ihn zu den wenigen interessanten US-Beiträgen der 20er Jahre zählen und er unter Christensens drei amerikanischen Spukhauskomödien die bekannteste ist - und vor allem der Titel, der nach vielen Jahren des Verschollenseins schließlich wieder aufgetaucht und restauriert worden ist. (Manch einer hält diese humorvolle Geisterbahnfahrt gar für Christensens besten Film, gleichwohl der Streifen unter einem unbefriedigenden Ende leidet und aus Zensurgründen weniger wild daherkommt, als "Häxan".) Seine ungenannt gebliebene Ko-Regiearbeit bei "The Mysterious Island" (1929) ist nochmals etwas bekannter, ist aber kein echter Christensen und trägt vielmehr Züge eines Maurice Tourneur-Films (Tourneur stand dem eigentlichen Regisseur Lucien Hubbard als zweiter Ko-Regisseur zur Verfügung). Ein recht schwacher Film ist es außerdem geworden...
"Hævnens nat" - am 25. September 1916 uraufgeführt - ist hingegen ein waschechter, qualitativ bemerkenswerter Christensen, in dem sich der Regisseur nicht bloß inszenatorisch, sondern auch als Hauptdarsteller von seiner besten Seite zeigt: Ein düsteres, nicht ganz humorloses Kriminaldrama ist "Hævnens nat", an dem Christensen über ein Jahr gearbeitet hatte und mit dem er seinen enormen Stilwillen, der schon in "Det hemmelighedsfulde X" auffiel, nochmals etwas verfeinerte. Die Szene, in er er seine Kamera durch ein Schlüsselloch schauen lässt, gehört mit der Szene, in der sich die Kamera rückwärts durch ein Fenstergitter zu bewegen scheint, zu den eindrücklichsten Kinobildern dieser Zeit. Auch wenn der Film trotz gelegentlicher Fahrten noch recht statisch erscheint, so erzeugt er doch mit seiner Montage, der Bewegung im Bild und dem Spiel von Licht und Schatten eine Dynamik, die 1915/1916 in dieser Form keinesfalls selbstverständlich war: Casper Tybjerg bezeichnete "Hævnens nat" 1994 sogar als den weltweit "kinematographisch stilsichersten" Film seiner Zeit. "Hævnens nat" war dann auch der Film, der - unter dem Titel "Blind Justice" - Christensen in den USA bekannt machte und ihn gemeinsam mit "Häxan" als idealen Regisseur für die späteren Horrorkomödien auswies.
Worum es geht, verrät die Inhaltsangabe von ----, der auch den Fassungseintrag für die empfehlenswerte DVD von Det Danske Filminstitut erstellt hat.
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