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von PierrotLeFou

Vor 25 Jahren: Verstörendes von Shin’ya Tsukamoto

Stichwörter: 1990er Drama Filmreihe Japan Jubiläum Klassiker Phantastik SciFi Sequel Spielfilm Thriller Tsukamoto

Tetsuo II: Body Hammer (1992)

Shin'ya Tsukamoto ist unter den japanischen auteurs der Mann fürs Grobe - stärker noch als Takashi Miike, der wesentlich produktivere Kollege gleichen Jahrgangs (*1960). Zwischen seinen ersten Amateurfilmen Anfang/Mitte der 70er Jahre und seinem jüngsten Film "Nobi" (2014) - einem unerwarteten Remake von Kon Ichikawas "Nobi" (1959) - ist er vor allem mit harten Genrefilmen zwischen Action, Cyberpunk, Modern Primitivism, Splatter und Horror bekannt geworden: "Tetsuo" (1989), "Tokyo-ken" (1995) oder "Akumu tantei" (2006) zählen sicherlich zu seinen bekanntesten Filmen. Aber auch in Dramen wie "Kotoko" (2011) verstört Tsukamoto mit Vorliebe sein Publikum. Zur Drastik der Geschichten und visuellen Motive gesellt sich häufig auch eine Drastik der Inszenierung: Harte Schnitte, schnelle Schnittfrequenzen, hektische Handkamerauafnahmen, harte s/w-Kontraste, kalte Farben, Pixilation-Effekte, pulsierende Rhythmen, stampfendes Dröhnen, Lichtblitze, verrauschte & flimmernde Film-im-Film-Aufnahmen sorgen im Kontrast mit warmen Farben, langsam gleitenden Kamerabewegungen, harmonischer Musikuntermalung für einen eigenwilligen Spagat zwischen Momenten getriebener, aufputschender, aggressiver Bilder einerseits und Momenten zwischen seltsam unwirklichen Situationen der Schwebe andererseits.

"Tetsuo II: Body Hammer", der seinerzeit vor seinem japanischen Kinostart im Oktober bereits im Februar 1992 auf dem Fantasporto Film Festival zu sehen war, ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme... eher schon der Tsukamoto-Film par excellence. Hierzulande verstörte das Werk - das mit "Futsû saizu no kaijin" (1986), "Tetsuo" und "Tetsuo: The Bullet Man" (2009) eine langlebige Filmreihe bildet - vor allem das Amtsgericht Frankfurt am Main, das in seiner beeindruckenden Medieninkompetenz im Oktober 1995 einen Beschlagnahmebeschluss erließ. Dieser Mix aus Cronenbergs Körperhorror, Cyberpunk-Elementen, einer nicht immer leicht verständlichen Handlung, schwierigen moralischen Implikationen und einer (im besten Sinne) ener­vie­renden Inszenierung liefert zum schwarz-weißen "Tetsuo" die farbige Fortsetzung, die größer (komplexer oder zerfahrener) daherkommt als das erfolgreiche Original und trotz konventionellerer Aspekte noch immer als avantgardistischer Parforceritt durch die Möglichkeiten filmischer Bombardements der Sinne überzeugt: Eine Etüde aus Stahl, Dampf und Wasser, aus Trieb, Schwindel und Schwebe, aus harten, raschen Schnittfrequenzen, Pixilation und Subliminalbildern, aus Obszönität, Gewalt und Harmonie; eine radikale Verschmelzung von Trash und großen, künstlerischen Ambitionen. "Tetsuo II: Body Hammer" zeigt aber auch nochmals auf beeindruckende Weise, wieviel Tsukamoto dem Filmavantgardisten Nobuhiko Ôbayashi (*1938) verdankt, der vor allem für den experimentellen Spielfilm "Hausu" (1977) bekannt ist, seine wahre Kunst aber vor allem in seinen Kurzfilmen der 60er Jahre dargeboten hatte.
Worum es geht, verrät YankeeDoodle in seiner Inhaltsangabe.


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