Ultimo tango a Parigi (1972)
Marlon Brando schmiert Maria Schneider Butter zwischen die Hinterbacken, um ihr dann gewaltsam Analverkehr aufzuzwingen; Marlon Brando verlangt von Maria Schneider, sich die Fingernägel zu schneiden, um ihn im Anschluss rektal zu stimulieren. Es waren diese Szenen, die den am 14. Oktober 1972 uraufgeführten "Ultimo tango a Parigi" flugs zum Skandalfilm avancieren ließen, der schnell in aller Munde war. Dass die erstgenannte Szene unter Umständen entstanden waren, die Schneider später kritisierte, ließ den Film dann nach #MeToo nochmals zum Skandalon geraten. Einen frühen Auftritt vor der (unter Vittorio Storaro bewerkstelligten) Kamera hat hier auch Catherine Breillat, die mit "Une vraie jeune fille" (1976) und vor allem ab "Romance" (1999) ihrerseits mehrere als Skandalfilm gehandelte Filme ablieferte... was in den frühen 00er-Jahren ein wenig in Mode kam, etwa mit Patrice Chéreaus "Intimacy" (2001) über zwei Fremde, die sich regelmäßig zum anonymen Sex treffen; oder mit Matías Bizes "En la cama" (2005), in dem sich zwei einander Unbekannte beim Sex im Hotelzimmer näherkommen. Man findet dieses Muster schon – flüchtig, am Rande – in Ingmar Bergmans "Tystnaden" (1963), aber die zentrale Stellung nimmt es in "Ultimo tango a Parigi" ein: Ein älterer Amerikaner und eine junge, nicht einmal halb so alte Französin stoßen bei einer Wohnungsbesichtigung aufeinander. Es kommt zum intensiven Sexualakt, der nicht der letzte bleiben soll: man trifft sich erneut und will so fortfahren, ohne einander voneinander zu erzählen... Zwischen der Frau, die mit einem jungen Cineasten und angehenden Filmemacher (Jean-Pierre Léaud) liiert ist, und dem älteren Mann, der nach dem Suizid seiner Frau verwitwet ist, entwickelt sich dann aber doch eine vertrautere Beziehung, die das vorherige Verhältnis zunichte macht: Nun will sich die junge Frau trennen, er jedoch lässt nicht locker – schließlich wird sie ihn erschießen... und vor der Polizei verleugnen. Es ist ein recht trauriger, trister Film: weil Léaud, Aushängeschild der Nouvelle vague (deren Mutter Agnes Varda hier mit Jean-Louis Trintignant an den französischen Dialogen arbeitete) und hier ein Cinéma vérité-Verfechter, als jugendlicher Narr erscheint, dem ein bisschen die Reife fehlt; weil der Sexus zwar als befreiendes Moment erscheint, aber dann doch nichts vollbringt, weil er sich einfach nicht in den Alltag und die Beziehungen integrieren lässt; weil sich hier zwei Menschen drastisch verfehlen... mindestens zwei Menschen, womöglich aber auch drei, vier Menschen.
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