I girasoli (1970) & Il giardino dei Finzi-Contini (1970)
Nachdem er 1940 seiner Regiekarriere begonnen hatte, avancierte Vittorio de Sica mit seinen Klassikern des Neorealismus wie "Sciuscià" (1946), "Ladri di biciclette" (1948) oder "Umberto D." (1952) zu einem der bedeutsamsten Filmschaffenden der Filmgeschichte. Ab "L'oro di Napoli" (1954) machte de Sica dann zunehmend mit Komödien von sich reden, die mit seinen Episodenfilmen und Omnibusfilmbeiträgen in den 60er Jahren seine kommerziellere Phase füllten, wobei insbesondere die Zusammenarbeiten mit Sophia Loren und Marcello Mastroianni zu seinem neuen Profil als Filmemacher erheblich beitrugen. In den 70er Jahren konzentrierte sich de Sica dann wieder vermehrt auf stillere Dramen. Gerade der im Dezember 1970 uraufgeführte "Il giardino dei Finzi-Contini", der de Sica einen weiteren Oscar einbrachte, gilt gelegentlich als Beginn seines Spätwerks, zumal de Sica hier ohne den Produzenten Carlo Ponti arbeitete und sein Stammautor Cesare Zavattini (wenn überhaupt) bloß wenig Anteil am Drehbuch gehabt haben soll.
Doch bereits der am 13. März 1070 uraufgeführte "I girasoli" – mit Zavattini geschrieben, von Ponti produziert und mit Loren und Mastroianni besetzt – ließ womöglich den tonalen Wechsel in de Sicas Schaffen erahnen: Schon hier widmet sich der Regisseur im Rahmen eines Dramas der Zeit des Zweiten Weltkriegs sowie der Nachkriegszeit. Loren sucht in diesem Drama nach ihrem Gatten, der nach bloß kurzer Ehe an die Front musste und aufgrund eines Gedächtnisverlustes längst ein neues Leben begonnen hat. Die Kritik stieß sich jedoch am sentimentalen, melodramatischen Charakter des Films, der wohl auch deswegen (und nicht bloß wegen der Namen in Cast & Crew) zur kommerzorientierteren Phase de Sicas gezählt wird. Dank der (leider in jeder Hinsicht) billigen DVD von Schröder Medien kann man sich seit wenigen Jahren selbst recht gut ein Bild von der Beschaffenheit des Films machen: Fassungseintrag von Unicorn
Etwas anders kam dann am Jahresende das folgende de-Sica-Drama daher, das sich der Kriegszeit annahm: Nach einem Roman von Giorgio Bassani steht hier der erstarkende Antisemitismus im Zentrum des Films. Im titelgebenden Garten der jüdischen Finzi Contini kommen sich die Familientochter und ihr Bekannter Giorgio näher, doch der junge Mann, der sich in die junge Frau aus vornehmer Familie verliebt, findet kein Gehör bei ihr, derweil der Antisemitismus um sie herum immer bedrohlicher wird. Auch hier wird das Leid jener Jahre vor dem Hintergrund einer privateren Liebesgeschichte verhandelt, doch wird zum einen ebendieses Leid deutlich politischer thematisiert, während zum anderen die Liebesgeschichte weit zurückhaltender und untypischer verläuft. Die private Geschichte verblasst gewissermaßen vor der größeren Geschichte, was auch die Inhaltsangabe von ratz betont... Als bester italienischer Film gewann de Sicas spätes Drama den David di Donatello und wurde als bester (fremdsprachiger) Film sowohl auf der Berline als auch bei der Oscarverleihung prämiert.
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