Manhatta (1921)
1920 drehten die Fotografen Charles Sheeler und Paul Strand frei assoziiert mit Zeilen aus Walt Whitmans "Mannahatta" einen dokumentarischen Stadtfilm, der (vermutlich 1921 uraufgeführt) nicht bloß als ein Urgestein des in den 20er Jahren boomenden Stadtfilms selbst, sondern auch gleich als Urgestein US-amerikanische Avantgardefilm-Tradition gilt: "Manhatta" richtet vage orientiert an unterschiedlichen Motiven aus Whitmans Gedicht in kurzen Vignetten den Blick auf den städtischen Raum selbst, auf die Architektur Manhattans und die städtischen Strukturen, während Menschen eher als Nebensächlichkeit präsent sind. Wenn – gegen Ende – die Kamera von einem Hochhaus aus durch die schweren Steinsäulen eines Geländers hindurchblickt auf das Leben auf der Straße, zeigt sich etwa besonders eindrücklich die fotografische Qualität dieses Films, der aber in der teils fotografisch anmutenden Bewegungsarmut mancher Einstellungen die Qualitäten des Mediums Films besonders deutlich zum Ausdruck bringt – und davon abgesehen aber auch weit mehr Schwenks zu bieten hat, als es die immer wieder (und ja auch nicht zu Unrecht) attestierte Nähe zur Fotografie erahnen lässt. Wie später Alberto Cavalcantis "Rien que les heures" (1926), Walter Ruttmanns "Berlin - Die Sinfonie der Großstadt" (1927), Joris Ivens' "Regen" (1929), Robert Floreys "Skyscraper Symphony" (1929), Dziga Vertovs "Chelovek s kino-apparatom" (1929) oder auch Jean Vigos "À propos de Nice" (1930) gibt sich "Manhatta" als durch und durch poetischer Blick auf das urbane Milieu: mit Fleiß und Mühe angefertigt, aber leicht und locker wirkend. Und nebenbei gilt "Manhatta" als avantgardistischer dokumentarischer Film manch einem gar noch als einer der frühesten Essayfilme: angesichts der assoziativen Anordnung, die sich die Perspektive des damals fast schon dreißig Jahre toten Dichters als Vorbild wählt und somit in gewisser Weise aus dem kollektiven Gedächtnis bzw. dem Bildungskanon gespeist wird, eine durchaus vertretbare Einschätzung. 2009 restauriert, wurde der Klassiker vor etwa zehn Jahren zu seinem 90. Jubiläum auf arte ausgestrahlt: Fassungseintrag (Platzhalter-Account)
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