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von ratz

Vor 50 Jahren: Pubertät und Sexualität als Horrormärchen aus der ČSSR

Stichwörter: 1970er Drama Fantasy Horror Jires Jubiläum Klassiker Krumbachová Literaturverfilmung Nezval Nová-vlna Schallerová Spielfilm Tschechoslowakei

Valerie a týden divů (1970)

Die heute international bekanntesten beiden Haupt-Exportartikel aus dem tschechoslowakischen Filmschaffen sind einerseits die Märchenverfilmungen und andererseits die innovativen Filme der Nová vlna, der Tschechoslowakischen Neuen Welle. Eine erstaunliche Melange aus beidem stellt „Valerie – eine Woche voller Wunder“ von Jaromil Jires dar, der am 3. September 1970 seine Premiere feierte.

Dabei ist es ein Glücksfall, daß „Valerie“ überhaupt entstehen konnte. Nachdem Jires mit seinem ersten Langfilm „Krik“ („Der Schrei“, 1964) einen der initialen Filme der Nová vlna vorgelegt hatte, brüskierte er mit dem gesellschaftskritischen „Zert“ („Der Scherz“, 1969) die Zensoren, die den Film für 20 Jahre verschwinden ließen. Und doch wurde Jires genehmigt, mit der Verfilmung eines politisch unverdächtigen Buches zu beginnen, des Romans „Valerie a týden divů“ von Víteslav Nezval aus dem Jahr 1935. Nezval hatte der literarischen Avantgarde angehört, und die Drehbuchadaption von Jires und Ester Krumbachová wird der Vorlage absolut gerecht: „Valerie“ erzählt in assoziativen, oft disparat scheinenden Szenenfolgen von einem jungen Mädchen (Jaroslava Schallerová), das mit dem Eintreten der ersten Menstruation die Sexualität entdeckt. Im Rahmen einer Vampirgeschichte, die Elemente des Märchen- und des Horrorfilms vereint, spielen religiös aufgeladene Symbole und Motive eine tragende Rolle, ebenso wie Tiere und Farben – sie stehen für die Genüsse und die Gefahren der fleischlichen Lust, auch die Machtgefälle, die mit der Sexualität einhergehen, gerade für ein unerfahrenes Mädchen wie Valerie. Auch vor inzestuösen oder homorerotischen Momenten macht „Valerie“ nicht Halt und stellt damit ein in mancher Hinsicht singuläres Filmerzeugnis aus dem ehemaligen Ostblock dar, so kurz nach dem gewaltsamen Ende des Prager Frühlings.

Seit „Valerie“ in den frühen 2000er Jahren auf DVD erhältlich ist, ist seine Popularität stets gewachsen, so daß der ehemalige Geheimtip auch beim deutschen Label Bildstörung im O-Ton mit deutschen Untertiteln erschienen ist (Fassungseintrag, die Special Edition von 2010 ist inzwischen vergriffen). Im englischsprachigen Ausland liegen auch Blu-ray-Editionen vor, die überdies mit guten Bonuspaketen ausgestattet sind. Als Lesestoff seien die OFDb-Kritiken von Sawyer_81 und PierrotLeFou an dieser Stelle unbedingt empfohlen.


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