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von PierrotLeFou

Vor 100 Jahren: Epischer Klassiker von Abel Gance

Stichwörter: 1910er Drama Frankreich Gance Jubiläum Klassiker Krieg Spielfilm Stummfilm

J'accuse (1919)

Der Kurzfilm "Le masque d'horreur" (1912)  gilt als einer der frühen Klassiker des Horrorfilms, "La folie du Docteur Tube" (1915) ist Vorläufer des Science-Fiction Films und des Avantgardefilms gleichermaßen. Berühmt-berüchtigt ist Abel Gance allerdings für seine ausufernden, monumentalen Langspielfilme der 20er Jahre: für "La roue" (1923) und vor allem für "Napoléon" (1927). Der Rhythmus der Montage in "La roue", der Wechsel von Großaufnahmen und Totalen im Finale desselben Films, das extreme Breitbild der Dreifach-Leinwand in "Napoléon" – diese Sequenzen haben Filmgeschichte geschrieben und wiesen Gance als einen effektiven Handwerker aus, wenngleich auch Vorwürfe von Schwulst und Kitsch mitunter nicht weit entfernt waren und bisweilen auf die Theatralik und die Schauspieler-Führung abzielten. Gances großen Meisterwerke, die auch durch ihre Länge von rund vier Stunden ihre Ambitionen erkennen lassen, gelten als Meisterwerke mit Unwuchten im Gesamtkonzept, wohingegen gerade diverse Einzelszenen als effektvoll wahrgenommen worden sind. In der Tonfilmzeit und gerade im Spätwerk, in Filmen wie "Austerlitz" (1960) oder "Cyrano et d'Artagnan" (1963), blieb dann recht schnell diese Größe von Einzelszenen auf der Strecke (wohingegen sie in frühen Tonfilmen wie "La fin du monde" (1931) oder gar noch in "J'accuse" (1938) zu erhaschen waren): hier erwies sich Gance dann in der Tat zunehmend als konventioneller Routinier; ein Profil, das man bereits zur Zeit seiner großen Meisterleistungen entworfen hatte, gleichwohl Gance wie erwähnt einen Avantgarde-Vorläufer gedreht hatte. Das wird eventuell verständlicher, wenn man bedenkt, dass Gance in seinen großen Langfilmen zwar avantgardistische Szenen zuhauf einsetzte, sie aber stets in den Dienst der Dramaturgie stellte und sie eben an eine Theatralik koppelte, die schon zeitgenössischen Kritikern gelegentlich altbacken erschienen war.
"J'accuse", uraufgeführt am 25. April 1919, erreicht bei weitem nicht den Ruf von den späteren Werken "La roue" und "Napoléon" – ergibt mit diesen aber dennoch das kanonisierte Hauptwerk Gances: Der epische Dreistünder (den Gance 1937/38 noch einmal als Tonfilm neuverfilmte – bereits den Toten eines kommenden neuen Krieges gewidmet) wurde nach dem Ersten Weltkrieg als pazifistisches Meisterwerk gefeiert – vor allem wegen seiner beeindruckenden Schlachtenszenen und jener ikonischen Szene, in welcher die Geister der Gefallenen zurückkehren. Indes: die konventionelle Geschichte überzeugte kaum, kam an die Größe des Gestaltungswillens nicht heran.
Ausführlich äußert sich Ännchen von Tharau in seinem Review...


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