Au secours! (1924)
In Antonio Margheritis "Nella stretta morsa del ragno" (1971) wetteten Klaus Kinski als Edgar Allan Poe und Anthony Franciosa als Journalist, ob Letzterer es eine Nacht in einem Spukschloss aushalten könne. Diese Prämisse war im Grunde ein alter Hut: In Edith Nesbits "The Power of Darkness" (1905) findet sich etwa schon diese verhängnisvolle Wette, sich der eigenen Angst zu stellen (oder vielmehr, ihre Abwesenheit auch zu beweisen) und eine Nacht in ungeheuerlicher Umgebung zu verbringen. Einer der frühen Spielfilme zum Thema war Abel Gances am 17. Juni 1924 uraufgeführter "Au secours!" – der seinerseits das Produkt einer Wette gewesen sein soll: Max Linder habe nach seiner US-Phase – kaum nach Frankreich zurückgekehrt – Abel Gance, der im Vorjahr mit dem stattlichen Vielstünder "La roue" (1923) Filmgeschichte schrieb, zur Wette bewegt, dass er keinen Film in kürzester Zeit abdrehen könne. Und so drehte Gance dann zwischen "La roue" und dem noch epischeren "Napoleon" (1927) diesen Kurzfilm mit Max Linder, in welchem selbiger als Hauptfigur aufgrund einer Wette nachts in einem Spukhaus ausharren muss, ohne um Hilfe zu rufen. In einem launigen Mix aus Horrorfilm und Komödie, der die vereinnahmenden Techniken aus Gances epischen Filmen (etwa die gleitende Kamerafahrt auf das unheimliche Haus) mit den avantgardistischen Mitteln seines "La Folie du Docteur Tube" (1915) vermengt, gibt auch Linder sein Bestes. Dabei war er zu diesem Zeitpunkt im Grunde schon dem Diesseits abhanden gekommen: Dem Film vorangegangen war ein versuchter Doppelselbstmord von Linder und seiner Partnerin, den sie im Oktober 1925 erfolgreich wiederholten. Sie hinterließen ihre Tochter Maud Linder, die zehn Tage nach der Uraufführung von "Au secours!" zur Welt kam – und bis in die 10er Jahre hinein als Filmhistorikerin tätig war, ehe sie 2017 verschied.
Auf der alten Image Entertainment-DVD von "Lucrecia Borgia" (1935) ist "Au secours!" als Bonusfilm enthalten: Fassungseintrag von Black Smurf
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