Italianamerican (1974) & Il mio viaggio in Italia (1999)
Der im September 1999 in Venedig uraufgeführte "Il mio viaggio in Italia" wird gemeinhin einer ganzen Reihe von Filmen zugeordnet, die Mitte der 90er Jahre zum 100. Geburtstages des Kinos die Filmlandschaft eines einzelnen Landes unter die Lupe nahmen. Es irritiert nur im ersten Augenblick, dass Italien über den gebürtigen New Yorker Martin Scorsese vertreten ist, der freilich über italienische Wurzeln verfügte, die auch in Filmen wie "Mean Streets" (1973) deutlich Thema waren; in einem Dokumentarfilm wie dem im Oktober 1974 uraufgeführten "Italianamerican" ohnehin. "Italianamerican" war ein sehr persönlicher, essayistischer Blick auf die eigenen Eltern, die hier vor der Kamera einfach nur sie selbst sind und ein wenig über das Leben der Italo-Amerikaner verraten sollen, wenngleich der intime Blick des Sohnes auf Vater und Mutter fast schon den dominanteren Aspekt abgibt. Berichtet wird von der Auswanderung des Großvaters aus Sizilien in die USA; es gibt Fotos, Anekdoten aus der Vergangenheit und eine Kochsession der temparamentvollen Mamma, in dem sich ein paar der populärsten Italien-Klischees zu bestätigen scheinen. Scorseses eigener Blick auf das Little Italy in "Mean Streets" erscheint dabei als starker Kontrast, der in "Italianamerican" (vielleicht als Korrektur-Instrument gedacht) jedoch nicht thematisiert wird. Auch ein Vierteljahrhunder später bleibt Scorseses Blick auf Italien, auf den italienischen Film, persönlich und essayistisch. "Il mio viaggio in Italia" beginnt mit den Fernseherfahrungen und dem Filmschauen im familiären Kreis. Und begonnen wird – wenn auch große Monumentalepen wie "Cabiria" (1914) Thema sind – mit dem Bruch zwischen dem faschistischen Kino und dem Neorealismus, dem Fachismus und der Nachkriegsgesellschaft in Italien. Scorsese, der sich insbesondere mit seinem World Cinema Project als Cineast zu erkennen gab und gibt, wird sich trotz seiner Arbeiten im Gebiet des Gangster-Dramas und des Thrillers nicht dem italienischen Genre-Reißer widmen, der insbesondere in den 70er Jahre voll aufgeblüht war, sondern der Phase vom Neorealismus bis zur goldenen Ära des italienischen Autorenfilms in den 60er Jahren. Und es sind gerade die leiseren, sanfteren Filme – "I vittelloni" (1953) von Fellini oder "L'avventura" (1960) von Antonioni –, die Scorsese hier in Erinnerung ruft. Mehr über "Il mio viaggio in Italia" berichtete buxtebrawler in seinem Review…
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