Die Nibelungen: Siegfried (1924) & Die Nibelungen: Kriemhilds Rache (1924)
In der Stummfilmära hatte sich schon bald nach der Etablierung des Langfilms in Europa ein vernünftiges Verhältnis zur Laufzeit eingestellt. Selbige konnte im Grunde stundenlang ausfallen, wobei dann eben aus kommerziellen Gründen eine Aufteilung in zwei, drei oder mehr Teile eingeplant wurde. So hielt man es vor allem in Frankreich, in Skandinavien und auch hierzulande, wo schon in den frühen 10er-Jahren Mehrteiler einsetzten, die sich dann in den frühen 20er-Jahren in der Regel auf zweiteiler beschränkten, um mit dem Siegeszug der Tonfilm-Ära ab 1927 ein Ende zu nehmen. Und verglichen mit Hollywoods großen Mehrteilern, die ab "The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring" (2001) und "Kill Bill: Vol. 1" (2003) ihren Durchbruch erlebten, musste sich ein Publikum nicht auf einjährige Wartezeiten zwischen den einzelnen Teilen einstellen, sondern brauchte bloß eine Woche oder einen Monat – und nur selten länger – zu warten, um in den Genuss der Fortführung einer begonnenen Handlung zu kommen. Fritz Lang hat in seiner erstaunlichen Karriere gleich drei solcher Mehr- bzw. Zweiteiler vorgelegt: "Die Spinnen" (1919/1920) machte den Anfang (und wies eine vergleichsweise lange Wartezeit von 4 Monaten auf, die beide Teile voneinander trennte); bedeutender waren indes die Zweiteiler "Dr. Mabuse, der Spieler" (1922) – mit einem Monat Wartezeit – und "Die Nibelungen", wobei "Die Nibelungen: Siegfried" am 14. Februar und "Die Nibelungen: Kriemhilds Rache" am 26. April 1924 herauskamen. Fritz Lang zeigt sich nicht bloß in beiden Fällen auf der Höhe seiner Kunst – zu einer Zeit, in der auch der deutsche Film insgesamt seine qualitative Hochzeit erreicht hat –, sondern hat auch eine monumentale, epische und extrem kostenspielige Arbeit vorgelegt, wie man sie in den kommenden Jahren so nicht mehr im deutschen Film finden sollte. Thea von Harbou adaptierte das Nibelungenlied für diese Produktion, an der Walther Ruttmann als avantgardistische Animationsexperte beim abstrakten Falkentraum mitwirkte, während sich vor der Kamera Margarete Schön, Theodor Loos, Bernhard Goetzke, Hans Adalbert Schlettow, Rudolf Klein-Rogge, Georg John und viele andere bekannte Gesichter tummelten. Konsequent stilisiert in nahezu jeder einzelnen Einstellung präsentiert Langs Zweiteiler prächtige Licht- und Schattenspiele in so fantasievollen wie streng durchkomponierten Bildwelten, die zwar von der Texttafel "Dem deutschen Volke zu eigen" an gerade auch vor dem Hintergrund von Thea von Harbous Mitwirkung ein Geschmäckle aufweisen, an dem immer wieder vereinzelt Anstoß genommen wurde, die aber letztlich ein wenig erhebendes Rache- und Untergangsszenario bebildern, das ab 1933 nur mit seinem ersten Teil nochmals fürs Kino aufbereitet worden ist. Seit 2012 liegt der Zweiteiler ca. 280-minütig, sorgfältig restauriert auf DVD und Blu-ray vor: etwa bei Universum / Transit (Fassungseintrag von Natureboy) oder mit reichhaltigem Booklet bei Eureka (Fassungseintrag von phileas) ...
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