O Sangue (1989)
Portugals Filmlandschaft rückte - wie so viele andere bloß am Rande wahrgenommene Filmlandschaften auch - ab den 1960er Jahren vermehrt in das Interesse der Cineasten. Zu Aushängeschildern eines Filmlandes, das man zuvor kaum wahrgenommen hatte und das auch heute noch eher eine Außenseiterstellung einzunehmen scheint, entwickelten sich der schon seit den späten 20er Jahren aktive (und noch heute tätige) Manoel de Oliveira und - weniger langanhaltend - sein jüngerer Kollege Paulo Rocha. Mit seinem Langfilm-Debut "O Sangue" geriet schließlich der neben de Oliveira bis heute populärste portugiesische Filmemacher in den Blick der Cineasten. Mit recht langen Einstellungen, oftmals statischen Bildern und einer äußerst sinnlichen Konzentration auf die materielle Wirklichkeit ist Costa ein Vertreter eines Minimalismus, der immer wieder in der Nähe Robert Bressons oder Jean-Marie Straubs angesiedelt wird, der seinerseits allerdings auch immer wieder Jacques Tourneur, John Ford, Raoul Walsh und andere Vertreter des klassischen Hollywoodfilms nennt.
"O Sangue" zeigt den Einfluss Tourneurs, des film noir - und damit auch des expressionisten Stummfilms - sehr deutlich, koppelt ihn allerdings an ein minimalistisches Kino, das bis auf den Neorealismus zurückreicht. Dreyer und Antonioni werden (als denkbare Vorbilder) häufig zum Vergleich herangezogen - Letzter nicht zuletzt wegen des Verschwindens der vermeintlichen Hauptfigur in "L'Avventura" (1959) –, zeitgenössischen Minimalisten wie Jim Jarmusch oder Aki Kaurismäki ähnelt der Film in seiner ruhigen, melancholischen Art. Diese melancholische Art & Weise, auf welche Costa seine Geschichte zweier Brüder erzählt, die mit einer jungen Frau nach dem Verschwinden des Vaters ihre Lebensgestaltung gegenüber einem Onkel und bedrohlichen Gläubigern verteidigen, nimmt bereits einiges von dem vorweg, was Jacques Rancière einmal als neue Filmpolitik Pedro Costas beschrieben hat: Die sinnliche Beschwörung eines Lebens am Rande der Gesellschaft, ohne revolutionären, agitatorischen Impetus, die Irritation der Narration durch den hohen Stellenwert der Deskription... doch wo Costa später spröder und rauher erscheint und das Fiktionale mit dem Dokumentarischen durchkreuzt, wirkt sein Debütfilm erstaunlich verträumt & unwirklich – ganz so, wie die besten Filme Tourneurs.
Fassungseintrag von Athen
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