Funny Games (1997)
Zwei junge Männer, Peter und Paul (Frank Giering und Arno Frisch), ersterer etwas unbeholfen, aber liebenswürdig, letzterer außerordentlich höflich, verschaffen sich Zugang zum Ferienhaus einer dreiköpfigen Familie, bestehend aus Vater (Ulrich Mühe), Mutter (Susanne Lothar) und Sohn (Stefan Clapczynski). Doch schnell stellt sich heraus, dass die Männer gar nicht so harmlos sind, wie sie scheinen. Im Gegenteil: Sie bringen die Familie in ihre Gewalt und zwingen sie zu ganz und gar nicht lustigen Spielen – und das ohne jedes Motiv. Klar ist nur: Die Familie kämpft ums Überleben, und der Anführer der beiden Männer ist sich sehr sicher, dass ihre Opfer am nächsten Morgen tot sein werden...
Was inhaltlich wie ein typischer Psychothriller klingt, entpuppt sich nur vordergründig als solcher, denn der österreichische Regisseur Michael Haneke hatte anderes im Sinn. Nicht zum ersten Mal bringt er seine harsche Medienkritik an den Mann: Fast könnte man den am 14. Mai 1997 uraufgeführten "Funny Games" als Fortsetzung zu "Benny's Video" sehen, wo ein narzisstischer Junge im Mittelpunkt stand, der emotionslos ein Mädchen tötet, nachdem er fasziniert immer und immer wieder ein Video abspulte, in dem ein Schwein getötet und geschlachtet wird, und nicht einmal davor zurückschreckt, seine eigenen Eltern ans Messer zu liefern. Jener Junge wurde gespielt von Arno Frisch, der hier als Paul seine sadistischen und erniedrigenden Spielchen mit der hilflosen Familie spielt.
Doch Haneke geht diesmal noch einen Schritt weiter und durchbricht mehrfach die Vierte Wand: Paul macht die Zuschauer zu Mittätern, indem er ihnen während des Films manchmal zuzwinkert und ihnen sogar konkrete Fragen stellt wie "Sie wollen doch auch wissen, wie es weitergeht, oder?" An anderer Stelle bedient er sogar die Fernbedienung und spult den Film zurück, um einen Tod ungeschehen zu machen und die Situation bis zum bitteren Ende noch weiter eskalieren zu lassen. Hanekes Anliegen, auf diese Weise die zunehmende Gewalt im Fernsehen anzuprangern, ist zugegebenermaßen wenig subtil, und seine sehr einfache Sicht der Dinge mindestens diskutabel (die ach so gute Familie hört klassische Musik, die Täter lauten Hard Rock), aber er löste mit diesem mitunter auch als Skandalfilm bezeichneten Werk eine Debatte aus, die so laut wurde, dass er zehn Jahre später in den USA ein fast identisches Remake drehte.
Es mag übertrieben erscheinen, wenn Haneke sagt, er wolle Gewalt als nicht konsumierbar darstellen, da der Film zwar einige Tiefschläge bereithält, die über die typischen Sehgewohnheiten hinausgehen, aber nie so aufdreht, wie man es nach so vollmundigen Aussagen des Regisseurs erwarten könnte (es gibt sogar eine mehrminütige einzelne Einstellung, in der sich die Kamera nicht von der Stelle rührt und auch quasi nichts im Bild geschieht), doch wenn man sich von dem, was der Film nach Hanekes Ansicht eigentlich sein soll, loslöst, funktioniert "Funny Games" für den unbedarften Zuschauer immer noch gut als spannendes, finsteres und nihilistisches Kammerspiel.
In der Kino Kontrovers-Reihe liegt der Film preiswert mit guter Ausstattung – unter anderem mit einem Audiokommentar von Marcus Stiglegger – auf Blu-ray vor: Fassungseintrag von ColdSphinX
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