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von PierrotLeFou

Vor 100 Jahren: Garstiger Western-Klassiker mit W. S. Hart

Stichwörter: 1910er Drama Hart Jubiläum Klassiker Liebesfilm Spielfilm Stummfilm Swickard USA Western

Hell's Hinges (1916)

Neben dem phantastischen Film, der Komödie und dem - sich zumeist auf Literatur, Theater und Oper berufenden - Melodram hat sich auch der Western recht zügig durchgesetzt und war bereits um 1910 immens erfolgreich. Zwischen Porters "The Great Train Robbery" (1903) und Fords "The Iron Horse" (1924) - die gewissermaßen das A & O des Stummfilmwesterns bilden - finden sich unzählige, kurze & lange, schlechte & gute Western... sogar dort, wo man sie niemals vermutet hätte, etwa im niederländischen Amateurfilm "De Wigwam" (1912) des 14jährigen Joris Ivens. Wie in der Komödie oder im Melodram sind auch im Western recht schnell einige Filmschaffende zu prägenden Stars aufgestiegen: Gilbert M. 'Broncho Billy' Anderson beispielsweise, Tom Mix selbstverständlich, aber auch William S. Hart gehören zu den ersten Stars des Western... Anderson, bereits in "The Great Train Robbery" zu sehen, hatte ab "The Bandit Makes Good" (1907) in fast 150 Titeln den Western-Helden Broncho Billy gegeben. Tom Mix arbeitete ab 1906 als Wild-West-Show-Cowboy, ehe er 1909 zum Film überwechselte und als 'Idol of Every Boy in the World' bis "The Miracle Rider" (1935) eine lange, erfolgreiche Westernkarriere hinlegte. Aber es war William S. Hart, dessen Western unter Genrekennern zu kleinen Meilensteinen des Genres avancierten und von dessen Western es heißt, sie hätten den Wilden Westen so authentisch aufleben lassen, wie kaum ein anderer zeitgenössischer Western... Und Hart war darum bemüht, uneindeutige, zerrissene Typen zu geben, die aus dem Helden-/Schurken-Modell ausbrachen: Um Seelenlandschaften sollte es bei ihm gehen, nicht allein um Wild-West-Landschaften.

"Hell's Hinges", der am 05. März 1916 uraufgeführte Western, wurde von Charles Swickard mit der Unterstützung des Jungregisseurs Clifford Smith und des Stars W. S. Hart inszeniert und präsentiert Letzteren als Ganoven, der einen nach Hell's Hinges gereisten Priester den Aufenthalt im verruchten Western-Kaff auf Weisung des Banditenführers Miller madig machen soll, dann aber Gefallen an der gläubigen Schwester des Geistlichen - welchen er kaum ernst nehmen kann - findet. Und tatsächlich setzt bei ihm ein Wandel, ein allmähliches Umdenken ein, derweil allerdings der Priester in diesem Sündenbabel des Wilden Westens dem Alkohol und den leichten Mädchen verfällt. Es ist ein ausgesprochen sündiger Western, wie er im frühen Tonfilm für lange Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Und in der Tat profitiert der dramaturgisch ausgesprochen flotte Western ungemein vom Mienenspiel Harts, der seine Nachdenklichkeit, Zerrissenheit und Unzufriedenheit immer wieder in Großaufnahmen zum Ausdruck bringen darf. Und auch die Inszenierung leistet vielleicht nichts außergewöhnliches, setzt aber Großaufnahmen, Überblendungen, Perspektivwechsel und Montage recht geschickt & sinnig ein, ist zumeist routiniert und gelegentlich sogar mehr als das... Western-Liebhaber, Stummfilm-Liebhaber und Freunde von Tragödien & Romanzen dürften hier gleichermaßen auf ihre Kosten kommen - manch einem scheint "Hell's Hinges" gar der beste aller Stummfilm-Western zu sein. Und das MoMa hat dem Film im Januar sogar eine Wiederaufführung spendiert, um sein 100. Jubiläum zu würdigen...

Worum es geht? Inhaltsangabe von PierrotLeFou


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