Lucrezia Borgia (1922)
Der Name Borgia besitzt nicht gerade den besten Ruf: Vetternwirtschaft, Gift, Verbannung, Ehebruch und Blutschande zieren die Familienchronik; dort, wo sich nichts Skandalöses fand, sorgten Gerüchte für Skandale. Gleich zwei große TV-Serien über die beliebte ungeliebte Adelsfamilie erstreckten sich zu Beginn der letzten Dekade über die Mattscheiben. Einen Kinofilm lieferte Antonio Hernández mit "Los Borgia" (2006) in Spanien ab; aber schon zu Beginn der Filmgeschichte war der skandalträchtige Historienstoff recht beliebt: Ausstattung, Sexualität, Gewalt – alles drin. Richard Oswald legte seine Version der Geschichte von Lucrezia und Cesare Borgia am 20. Oktober 1922 vor: Liane Haid und Conrad Veidt spielen die Geschwister, zur Seite stehen ihnen der große Albert Bassermann sowie Paul Wegener, Heinrich George, William Dieterle, Alexander Granach, Lyda Salmonova und etliche andere... Namen, die Stummfilmliebhaber(inne)n vertraut sein dürften. Für die Kamera war unter anderem Karl Freund verantwortlich: ebenfalls ein Name, der noch heute den Cinephilen sehr vertraut ist. Der Film, der sich eher frei an der Historie orientiert, ist weder als lehrreiche Geschichtsstunde noch als innovative Filmkunst in die Filmgeschichte eingegangen, aber er macht, was man angesichts der namhaften Crew erwarten darf: Monumental wirkt der mehr als zweistündige Film, stilvoll eingefangen werden Kulissen und Kostüme in der Cadrage, die gerade auch der Beleuchtung große Bedeutung zumisst. Veidt ist wie so oft eine Stärke des Films und findet in der Figur des Cesare Borgia einen idealen Rahmen für seine Schauspielkunst. Erotik, Intrige, Hass, Gewalt und sanfte Action werden recht bedacht eingebunden, um die Handlung zu rhythmisieren, die schließlich in einem fulminanten Finale mündet, das mit Massenszenen und großen Schauwerten auftrumpft. Von den eher unter Radar fliegenden Monumentalfilmen der Stummfilmzeit ist es sicher einer der unterhaltsamsten...
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