L'idiot (1946)
Er war der Vicomte de Valmont, er war Till Eulenspiegel, der lachende Rebell, und Fanfan, der Husar, er war Faust und Mephistopheles zugleich, aber ganz früh in seiner Karriere da war seine erste prestigeträchtige große Hauptrolle die des Fürsten Myschkin: Gérard Philipe, der keine 37 Jahre alt werden sollte, agierte im zweiten Jahr seiner Leinwand-Karriere, 24jährig, in der Rolle der legendären Dostoevsky-Figur, mit der er international Aufmerksamkeit erlangen konnte. Der an Epilepsie leidende Fürst, der aus einer Heilanstalt in der Schweiz nach St. Petersburg zurückkehrt, ist mir seiner naiven Torheit und der geradezu frommen, selbstlosen Demut eine Art Christus-Figur, die freilich an der Umgebung zerbrechen muss: Im Willen, das Beste zu tun, erregt sie Unverständnis wie Beschämung, löst das Schlechte wie das Selbstzerstörerische in den Mitmenschen aus, geht selber daran zugrunde, endet wieder in der Heilanstalt. Der junge Philipe, der erst die Theaterbretter, dann die Kinoleinwand eroberte, tat in dieser Rolle seinen ersten großen Schritt auf der Karriereleiter und besticht auch heute noch als Fürst Myschkin, wenngleich die Verfilmung selbst etwas bieder wirkt und nicht annähernd die Tiefe des umfangreichen Romans erreicht: Vielleicht mag es an der relativen Unerfahrenheit des (im russischen Jekaterinburg geborenen) Regie-Debütanten Georges Lampin liegen, der allerdings seit Abel Gances "Napoleon" (1927) zumindest als Regieassistent Erfahrungen sammeln konnte; allerdings zog Lampin nach zehn Jahren weiterer Regieerfahrungen mit der starbesetzten Dostoevsky-Verfilmung "Crime et châtiment" (1956) noch immer dieselben leicht unterwältigten Kritiken auf sich. Gérard Philipe jedoch lässt einen "L'idiot" noch immer sehenswert erscheinen und bildet mit dem Namen Dostoevsky den zweiten triftigen Grund dafür, dass der am 7. Juni 1946 uraufgeführte "L'idiot" nicht gänzlich in Vergessenheit geraten ist...
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