Soylent Green (1973)
Ein bisschen Neo noir, ein bisschen Cop-Thriller, ein Hauch Paranoia-Thriller: Der am 18. April 1973 uraufgeführte "Soylent Green" von Richard Fleischer entwickelt seine bittere Dystopie anhand stärker gegenwartsverhafteter oder gar nostalgisch verklärter Genres. Eine Entscheidung, die wohl der Studie "The Limits to Growth" (1972) geschuldet ist, die ab März 1972 für Schlagzeilen sorgte und einer ausgesprochen freien Verfilmung von Harry Harrisons "Make Room! Make Room!" (1966) eine neue Aktualität verpassen sollte. Aus dem apokalyptisch anmutenden Jahr 1999 der Vorlage wurde das Jahr 2022 gemacht: also ein Zeitraum, an dem die natürlichen Ressourcen und die Population den damaligen Berechnungen zufolge frisch aus dem Gleichgewicht geraten sein sollten. Genre-Routinier Richard Fleischer, der tatsächlich unter anderem im Noir, im Polizeifilm, im Thriller – und in Sci-Fi-Gefilden – heimisch war, hat mit seinem Team dramatische Bilder auf die Leinwand gebracht: übervölkerte Obdachlosenheime und Straßen, die zur Not mit Schaufelladern geräumt werden, Soja-, Linsen- und Plankton-basierte Synthetik-Nahrung vom Soylent-Konzern, alte Männer, die beim Anblick einer echten Erdbeere Tränen der Rührung vergießen... Nur einem kleinen, vermögenderen Teil der Bevölkerung ist es vergönnt, sich ganz natürlich zu ernähren. Ein Attentat in diesen Kreisen wird dazu führen, dass der Cop Robert Thorn (Charlton Heston) und sein älterer Mitbewohner Sol (Edward G. Robinson) hinter das Geheimnis von Soylent Green, dem neuesten Soylent-Produkt, kommen: ein Geheimnis, das so niederschmetternd ausfällt, dass es Sol in eine der Tötungseinrichtungen treibt, wo er sich dem angenehm gestalteten Freitod (inmitten von prächtigen Tier- und Landschaftsaufnahmen zu klassischer Musik) hingibt, der in dieser Dystopie ebenso zweckdienlich für die Gesellschaft ist wie das Geheimnis hinter Soylent Green, das keinesfalls auf einer Plankton-Basis fußt...
Unter den Dystopien, die ab 1968 und gerade zu Beginn der 70er Jahre boomten, gehört "Soylent Green" zu den beklemmendsten, die trotz plakativer Momente – die vor allem Harrison einst rügte – bis heute als eindringliche Warnung taugt.
Mehr? Review von Lunev
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