Sweet Sweetback's Baadasssss Song (1971)
Am 31. März 1971 lief "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" im Grand Circus Theatre in Detroit und am 2. April 1971 im Coronet Theatre in Atlanta: In mehr Kinos will Melvin Van Peebles seinen Independent-Film zunächst nicht unterbekommen haben. "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" finanzierte van Peebles in erster Linie mit den Einnahmen seines ersten US-Films "Watermelon Man" (1970). Zuvor hatte er in Frankreich inszeniert und Drehbücher geschrieben, für einen Langfilm und mehrere Kurzfilme. Mit "Watermelon Man" legte er nicht bloß seine erste US-Arbeit vor, sondern gab hier auch sein Debüt als Schauspieler (in kleiner Rolle). Im selben Jahr inszenierte er zudem eine Folge für "The Bill Cosby Show" (1969-1971): Cosby steuerte – neben einigen anderen Kreditgebern – noch zusätzliches Budget bei, als sich van Peebles dann an "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" machte, den kein Studio finanzieren wollte. Als womöglich erster afroamerikanischer Filmschaffender seit Oscar Micheaux vereinigte er mehrere der wichtigsten Tätigkeiten auf sich: die Regie, das Verfassen des Drehbuchs, die Hauptrolle – deren jüngeres Ich von van Peebles Sohn Mario van Peebles gespielt worden war –, den Schnitt, die Produktion und – gemeinsam mit Earth Wind & Fire – die Musik. Guerilla Filmmaking nannte das van Peebles später...
Die Geschichte eines Schwarzen, der schon als Dreizehnjähriger aufgrund seiner Potenz und Penisgröße bei einer Prostituierten gewissermaßen groß rauskommt und als Erwachsener zunächst als Stripper arbeitet, um irgendwann einem Black Panther beizuspringen, der von einigen Cops verprügelt wird, und nach action- und erotikreichen Abenteuern (nicht zuletzt mit Hell's Angels-Mitgliedern) gen Mexiko zu fliehen, entwickelte sich dann aber doch zum Kultfilm. Zu verdanken war das einmal sicherlich der politischen Relevanz, die mit einiger agitatorischer Polemik einhergeht und den Film in die Reihe des jungen Blaxploitation-Films einreihte, gleichwohl man sich über den Exploitation-Charakter (trotz der Gerüchte über ungestellte Sex-Szenen) sicherlich streiten kann. Eine vorsichtigere Zuordnung zum Black Cinema mag daher eine Alternative sein. In Zeiten der Midnight Movies dürften auch manch unpolitische Schocks, Tabubrüche und Geschmacklosigkeiten den Kultstatus verfestigt haben, gleichwohl "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" keine Karriere als echter Midnight Movie hinlegte. Im Rahmen des New Hollywood war der vitale, wütende Independent-Film allerdings mit seiner formalen Finesse recht en vogue: rasche Schnitte, Handkamera, krude Zooms, split screen, enthusiastisch voice over-Kommentare...
Am 23. April 1971 war "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" auch in New York zu sehen; nicht zuletzt die Black Panther Party, allen voran Huey P. Newton, und ein junger Spike Lee haben darin ihren Kultfilm gefunden und als der Film am 12. Mai 1971 auch in San Francisco Premiere feierte, hatte ein gewisser Status dank kontroverser, teils enthusiastischer Kritiken längst eingesetzt, um durch Besprechungen und Interview in Magazinen wie Life und Ebony innerhalb eines Jahres weiter zu wachsen. Heute gilt "Sweet Sweetback's Baadasssss Song" längst als Klassiker des Blaxploitation-Films und des Black Cinema, viele kommende Regisseure des New Black Cinema erheblich prägend – darunter: Mario van Peebles, der Kinderstar aus "Sweet Sweetback's Baadasssss Song", der dem Entstehungsprozess dieses Films mit dem (auto)biografischen "How to Get the Man's Foot Outta Your Ass" (2003) ein Denkmal setzte.
Der Klassiker, der bei einer feministischen Perspektive auch ein paar Angriffsflächen bieten kann, erhielt zu seinem 30. Jubiläum eine DVD-Veröffentlichung bei Xenon Pictures (Fassungseintrag von hemi782003), liegt mittlerweile aber seit bald drei Jahren als Dual Format Edition bei Vinegar Syndrome vor...
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