Witchfinder General (1968)
Mit "Il Castello dei Morti vivi" (1964), "La Sorella di Satana" (1966) und "The Sorcerers" (1967) hatte Michael Reeves nach einigen Kurzfilmen ein paar kleine Genrefilme gedreht, die vor allem wegen ihrer jeweiligen Stars (Christopher Lee & Donald Sutherland, Barbara Steele, dann Boris Karloff!) noch im kollektiven Gedächtnis der Genrefans haften geblieben sind. Bevor Reeves dann 25jährig unter ungeklärten Umständen an einer Überdosis verschieden ist, hatte er mit "Witchfinder General" - basierend auf einem Roman Ronald Bassetts und historische Vorbilder sehr frei behandelnd - seinen ambitioniertesten Film abgeliefert, der gemeinsam mit "Targets" (1968) nach größeren Titeln wie "Night of the Living Dead" (1968) und "Rosemary's Baby" (1968) erheblichen Anteil an der Modernisierung des Horrorfilms in diesem Jahr hatte.
Die Hammer Studios, die sich nach dem Erfolg von "Psycho" mittlerweile auch relativ erfolgreich an Psychothriller herangemacht hatten, erweiterten ihre gothic horror-Gefilde 1968 mit zwei aktuelleren Dennis Wheatley-Verfilmungen, Jean Rollin lieferte mit "Le viol du vampire" (1968) seine erste explizite Erotisierung des Horrorfilms ab, mit der Jess Franco spätestens im Vorjahr schon begonnen hatte. Aber erst Romero mit seinen menschenfressenden Untoten, Polanski mit seinen unscheinbaren, bürgerlichen Satanisten, Bogdanovich mit seiner Konfrontation des klassischen Horrorfilmstars mit einem kaltblütigen Amokläufer und eben Reeves mit seinem "Witchfinder General", der im Mai 1968 als erster dieser Filme seine Premiere erlebte, lösten wahre Beklommenheit aus.
Dass der von Vincent Price superb gespielte Hexenjäger Matthew Hopkins - für den Reeves eigentlich Donald Pleasence haben wollte, um nicht weiter auf den gewöhnlichen Horrorsektor festgenagelt zu werden - grausam zu Werke geht (oder: gehen lässt), ist dabei weniger der springende Punkt, wenngleich der Film in dieser Hinsicht schon etwas schonungsloser ausfällt, als man es zu jener Zeit gewohnt war; bedeutsamer ist der Umstand, dass der Held des Films am Schluss in berechtigter Wut und moralischer Empörung zum Schlächter wird, der in enthemmter Raserei einen geradezu viehischen und verstörend wohltuenden Racheakt verübt, nach welchem sich die zuvor arg gepeinigte Heldin nahezu um den Verstand kreischt. Das war und ist heute noch ein Affront, der wie kaum ein anderer Genrefilm dem Publikum einen Spiegel vorhält; der ihm zeigt, wozu es fähig ist, wenn nur die notwendigen Bedingungen vorherrschen. Bis es soweit ist, ist aber fraglos Vincent Price der große Star des Films, der vielleicht innerhalb des Genres seine nuancierteste Darbietung gibt - und großen Anteil daran hat, dass "Witchfinder General" mehr als "nur" ein Horrorfilm ist.
'84 Entertainment hat den Film vor 2, 3 Jahren in einer schönen BluRay-Version herausgebracht: Fassungseintrag von Wishmaster27
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