Tanin no kao (1966)
1962 inszenierte Hiroshi Teshigahara nach einigen Dokumentarfilmen seinen ersten Spielfilm: "Otoshiana", der auf einer Drehbuchvorlage von Kôbô Abe basierte. Dieser erste Spielfilm war richtungsweisend: Mit "Suna no onna" (1964), Teshigaharas zweitem und wohl bekanntestem Film, setzte sich die Zusammenarbeit der beiden Männer fort, wobei Abe fortan seine eigenen Romane für Teshigahara in Drehbücher umwandelte. Und auch der Kameramann Hiroshi Segawa und Komponist Tôru Takemitsu wirkten wieder mit. All das war dann auch bei "Tanin no kao" der Fall, der seit seiner Erstaufführung am 15. Juli 1966 gewissermaßen als Abschluss einer Trilogie gewertet worden ist. Dabei setzt Teshigahara auch mit seinem vierten Spielfilm die Zusammenarbeit mit Abe noch fort: Zwar ersetzte der "Gamera"-erprobte Kameramann Akira Uehara Teshigaharas bisherigen Kameramann, aber erneut schrieb Abe das Drehbuch und erneut lieferte Takemitsu die Musik.
Erst 1972 wich Teshigahara mit einem Drehbuch John Nathans von der bisherigen Zusammenarbeit mit Abe ab. Die vier Abe-Verfilmungen aus den 60er Jahren bildeten bis dahin zugleich auch seine einzigen Lang-Spielfilme. Auf diese Weise erhielt Teshigaharas Früh- bzw. Hauptwerk etwas sehr einheitliches, ging doch ein avantgardistischer Stil durchweg mit recht absurden, aber auch reichlich allegorischen Stoffen Hand in Hand.
"Tanin no kao" ist dabei sicherlich eine ganze Spur extravaganter und komplexer als die vorangegangenen Filme: Schauspieler als sprechendes Röntgenbild, surreale Massenszenen, eine manchmal minimalistische, manchmal überladene Ausstattung, die stets sehr stilisiert daherkommt, ein lange Zeit gesichtsloser Hauptdarsteller, wechselnde Bildformate, Anleihen beim Foto-Film und ein beklemmender, zugleich distanzierter Soundtrack machen aus dem Film Teshigahars bis dahin avantgardistischsten Spielfilm. Und die mit Hiroshima-Verweisen und Hitler-Reden regelmäßig auf den Weltkrieg verweisende Handlung, die auch über ein deutsches Lied transportiert wird und zunächst einen einzelnen, verunglückten Mann ohne Gesicht auf der Suche nach einer neuerlichen, richtigen Identität präsentiert (wobei ihm eine Maskerade letztlich eher zum Verhängnis wird), um letztlich auch eine maskierte und gesichtslose Gesellschaft ins Spiel zu bringen, ist so kompliziert wie vielschichtig, zumal sich vom Phantom der Oper und "Orlacs Hände" (1924) über "The Invisible Man" (1932) bis hin zu Franjus "Les Yeux sans visage" (1960) viele Anleihen & Anspielungen auf westliche Vorbilder finden lassen.
Wie Teshigaharas vorangegangenen Filme liegt auch "Tanin no kao" in Eurekas schöner Masters of Cinema-Reihe auf DVD vor: Fassungseintrag von J.
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