Beitrag

von PierrotLeFou

Vor 25 Jahren: Historienepos der zweiten kasachischen Neuen Welle

Stichwörter: 1990er Amirkulov Drama German Historienfilm Jubiläum Karmalita Kasachstan Klassiker Krieg Sowjetunion Spielfilm

Gibel Otrara (1991)

Als zwischen den späten 50er und den frühen 70er Jahren weltweit Neue Wellen zu toben begannen, war auch Kasachstan, also die Kasachische Sozialistische Sowjetrepublik keine Ausnahme: Diese erste neue Welle verdankte sich vor allem dem Einfluss Moskaus, lernten die bedeutendsten zentralasiatischen Regisseure ihr Handwerk im Gerassimow-Institut für Kinematographie in Moskau, während zugleich die Dreharbeiten russischer Filmemacher in Zentralasien die Entstehung von Filmateliers maßgeblich vorantrieben. Gemeinsam mit engagierten Talenten aus dem Theater und der Literaturszene ließen diese Umstände somit in der zweiten Hälfte der 60er Jahre ein engagiertes, anspruchsvolles kasachisches Kino entstehen, das junge westeuropäische, japanische und indische Einflüsse gleichermaßen erkennen ließ (und sich vom Kino anderer zentralasiatischer Unionsrepubliken am ehesten durch seine Landschaftsaufnahmen unterschied). Gegen Ende der UdSSR kam es zu einer zweiten kasachischen Neuen Welle, die weit weniger Tabus kannte als die vorangegangene: Der Niedergang der UdSSR ermöglichte eine explizite Thematisierung des Islam, der Gulags, der Drogen etc... Rasid Nugmanov, Serik Aprymov, Aleksandr Baranov, Bakhyt Kilibaev, Ermek Shinarbaev und Ardak Amirkulov gehören zu den angesehensten & bedeutendsten Regisseuren dieser neuerlichen Neuen Welle, die gegen Ende der 80er Jahre einsetzte. Shinarbaev und Amirkulov haben international in den letzten Jahren wieder einiges an Aufmerksamkeit erhalten, als Martin Scorsese im Rahmen seines löblichen world cinema projects eine Wiederzugänglichmachung von Shinarbaevs "Mest" (1989) und Amirkulovs "Gibel Otrara" in Angriff nahm. Letzterer war allerdings in diesem Rahmen bloß in einigen Kinos zu sehen, derweil "Mest" inzwischen gut ausgestattet auf DVD & BluRay vorliegt...

"Gibel Otrara" basiert auf dem drittletzten Drehbuch von Aleksey German & Svetlana Karmalita und ist - wie die von German selbst inszenierten Streifen "Khrustalyov, mashinu!" (1998) & "Trudno byt bogom" (2013) - ein ausgesprochen wuchtiger, schwergewichtiger Film, der stilistisch allerdings ganz eigene Wege geht. 'Ganz eigene Wege' trifft es jedoch nicht so ganz, denn Amirkulov, der zuvor bloß im Rahmen seines Studiums am Gerassimow-Institut (Kurz-)Filme gedreht hat, lässt deutlich Einflüsse von Tarkowskijs "Andrei Rublyov" (1969) und Kurosawas Historienfilmen erkennen. Die krude Gewaltsamkeit aus Germans "Trudno byt bogom" ist hier ebenfalls bereits gegenwärtig und durchzieht den gesamten Film vom Anfang bis zum Ende: Die Eroberung Otrars durch Dschingis Khan wird in diesem dreistündigen, farbigen & schwarz/weißen Historienepos in teilweise bestechend schönen, immer wieder auch unglaublich brutalen Bildern eingefangen, die trotz einer eher spärlichen Ausstattung episch & authentisch wirken. Ein Glanzlicht des Historienfilms, das hoffentlich bald in ansprechender Form erhältlich ist...
Worum es geht? Inhaltsangabe von PierrotLeFou


Kommentare und Diskussionen

  1. Noch keine Kommentare vorhanden

Um Kommentare schreiben zu können, müssen Sie eingeloggt sein.

Registrieren/Einloggen im User-Center

Details
Ähnliche Filme