Beitrag

von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Liebe als skandalöser Störfaktor

Stichwörter: 1970er Acimovic-Godina Dokumentarfilm Essayfilm Jubiläum Jugoslawien Klassiker Kurzfilm novi-film Skandalfilm

O ljubavnim veštinama ili film sa 14441 kvadratom (1972)

Als Kameramann bei Zelimir Zilniks "Rani radovi" (1969) begleitete er eines der Aushängeschilder des novi film; er selbst schuf zunächst einige Kurzfilme als Regisseur, konnte den ersten Langspielfilm erst mit "Splav meduze" (1980) abliefern. Zuvor wurde Karpo Acimovic-Godina mit einem Arbeitsverbot belegt, das auf sein Kurzfilmschaffen zurückzuführen ist, das zu Beginn der 70er Jahre hochgradig subversiv daherkam und dem despektierlichen neuen Label crni talas, der Fremdbezeichnung Black Wave, gewissermaßen alle Ehren machte: Zu den letzten Filmen vor dem Berufsverbot gehörte "O ljubavnim veštinama ili film sa 14441 kvadratom", der Acimovic-Godina gar eine kleine Haftstrafe einbrachte. Der Film soll einigen Quellen zufolge am 14. Februar 1972 erstmals gezeigt worden sein: am Valentinstag also, was durchaus irgenwie passen würde. Ursprünglich hatte der Film jedoch ein kurzer Werbefilm für das Militär sein sollen, produziert mit Geldern der Armee sowie mit der Partizipation unzähliger Soldaten vor der Kamera. Stattdessen informiert der Film von der Kunst der Liebe in 14441 Bildern darüber, dass eine große Garnison nahe der Stadt Saramazalino untergebracht sei, in welcher viele 1000 Fabrikarbeiterinnen tätig sind – und dass dort dennoch keine Kinder entstehen, dass die Männer und die Frauen voneinander getrennt blieben... Und so sieht man Soldaten durch die Landschaft stiefeln, derweil ein Sänger aus dem Off, der schnell die offiziellen Informationen des Militärs ablöst, immer wieder trällert, dass es trotz vieler Männer und vieler Frauen keine Kinder gäbe... Acimovic-Godina nannte das knapp zehnminütige Werk später einen Film im Geiste der Make love, not war-Haltung. Kein Wunder also, dass er für die Verschwendung von Armeegeldern belangt wurde. Abgesehen vom privaten Opfer, das Acimovic-Godina erbringen musste, strahlt der Film über die Kühnheit, die Ironie und die Musik und den gänzlichen Verzicht auf eine Heldenhaftigkeit der Soldaten eine Heiterkeit und einen Optimismus aus und gehört noch heute zu den recht leicht genießbaren Werken den novi film aus seiner Spätphase der crni talas.


Kommentare und Diskussionen

  1. Noch keine Kommentare vorhanden

Um Kommentare schreiben zu können, müssen Sie eingeloggt sein.

Registrieren/Einloggen im User-Center

Details
Ähnliche Filme