El camino hacia la muerte del viejo Reales (1971)
Gerardo Vallejo nimmt in der Filmgeschichte Argentiniens eine bedeutende Rolle ein. Große Bekanntheit erlangte er allerdings nicht: Seine wichtigste Arbeit, "El camino hacia la muerte del viejo Reales", die 1971 uraufgeführt worden ist – spätestens Anfang Oktober des Jahres auf dem Filmfest in Mannheim-Heidelberg, womöglich aber auch schon früher –, verzeichnet auf der IMDb bis heute gerade einmal 30 Bewertungen; und damit zugleich mehr als jeder andere Film Vallejos, sogar mehr als alle seine übrigen Filme zusammen. Seine heute nicht mehr erhaltenen TV-Produktionen aus den Jahren 1972/1973 sind noch nicht einmal eingetragen; ebensowenig sein früher Agitationskurzfilm "Ollas populares" (1968)... Und doch: Gerardo Vallejo ist eine Schlüsselfigur in der Geschichte des argentinischen Films. Als Schüler von Fernando Birri und Assistent von Fernando E. Solanas – bei "La hora de los hornos: Notas y testimonios sobre el neocolonialismo, la violencia y la liberación" (1968) – gehört er zu jenen Filmemachern des Landes, die in den 60er Jahren für ein neues argentinisches Kino einstehen, das sich gegen eine neokoloniale Politik richtete und einen sozialkritischeren Anspruch verfolgte... ehe dann Videlas Militärdiktatur ab 1976 wieder ein Versiegen dieses neuen Kinos mit sich brachte, an welches erst Mitte der 80er Jahre wieder angeknüpft werden konnte.
"El camino hacia la muerte del viejo Reales" galt seinerzeit als Sensation im argentinischen Film, konnte aber erst ab den Wahlen des Jahres 1973 größere Verbreitung finden: Schon 1968 in Angriff genommen, hält Vallejo in diesem Werk das Leben einer Familie in Tucumán fest. Der titelgebende alte Gerardo Ramón Reales, ein Landarbeiter, und seine Söhne spielen sich allesamt selber, wobei aber bestimmte Umstände für den Film abgeändert worden sind: einer der Söhne tritt etwa – während ein Bruder als geduldiger Landarbeiter in die Fußstapfen des Vaters tritt und ein anderer Polizist geworden ist – der Gewerkschaft bei; das jedoch ist eine reine Konstruktion der Filmschaffenden, die hier mit agitatorischer Absicht die vorgefundene Realität in Details umformen, dass sich aussagekräftigere Assoziationen ergeben. (Das vereint Vallejo und seinen Film mit Werner Herzogs zeitgleich auf dem Filmfest Mannheim-Heidelberg gelaufenen "Land des Schweigens und der Dunkelheit" (1971).) Mit diesem Dreh, der aber mit Haltungen und Ansichten des entsprechenden Sohnes vereinbar gewesen sein soll, entwirft Vallejo also drei alternative Werdegänge als Reaktionen auf das Leben des greisen Vaters, der nach Jahren harter Armut in dieser ärmlichen Region mehr gelitten als erreicht hat: ein Sohn setzt dieses Leben fügsam und ohne Hoffnungen fort, ein anderer versucht als Polizist das beste für sich herauszuholen, wenngleich er in dieser Rolle auch die bestehenden Verhältnisse festigt, und der dritte wiederum kämpft für bessere Verhältnisse – wie es auch Vallejo als Filmschaffender tun sollte, der kurz darauf in TV-Produktionen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen eintrat. Obgleich er noch bis 2006, unmittelbar vor seinem Ableben, als Filmemacher arbeitete, blieb "El camino hacia la muerte del viejo Reales" sein einziger international gewürdigter Film. Die seit vielen Jahren bestehende schlechte Verfügbarkeit des Films lässt diesen Klassiker lateinamerikanischen Kinos allerdings zunehmend der Vergessenheit anheimfallen...
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