I Shot Jesse James (1949)
"Film is like a battleground. There's love, hate, action, violence, death... in one word: emotion." Das sagt Samuel Fuller als berühmt-berüchtigter Filmregisseur in Jean-Luc Godards "Pierrot Le Fou" (1965). Es ist eine Dialogzeile, welche die Schnittstelle zwischen der Nouvelle-vague-Legende und dem Grenzgänger zwischen Classical und New Hollywood aufdeckt: Godard reizte die Unter-, nein: Zer-teilung eines Ganzen in unterscheidbare Elemente, die allesamt so weit auseinanderliegen wie nur möglich, sich aber in ihrer Kompromisslosigkeit und Radikalität ähneln. Und Samuel Fuller ging es in der Tat oft genug darum, aus einer Geschichte das Maximum an aufwühlenden Katastrophen herausschütteln. Lange vor einem Peckinpah war er der kernigste und im positiven Sinne gröbste Regisseur in Hollywood: einer, der mit dem Faszinosum der Gewalt bei kritischer Distanz liebäugelte; einer, der als harter Knochen endete: 85-jährig verstarb Fuller 1997 – da stand er noch vor der Kamera, für Wim Wenders, in "The End of Violence" (1997). Was für ein Titel für einen letzten Film mit Samuel Fuller. Seinen letzte Regiearbeit brachte er immerhin noch 78-jährig mit "Tinikling ou 'La madonne et le dragon'" (1990) heraus, wobei seine lezten wirklich relevanten Regeiarbeiten wohl der Kriegsfilm "The Big Red One" (1978) und der antirassistische Thriller "White Dog" (1981) blieben. In einem Meisterwerk wie "Shock Corridor" (1963) kulminierte Fullers Filmemachen, das zwischen dem einfachen Spröden und der großen Geste, dem immer deutlichen Subtext und dem Heischen mit Affekten oszillierte; mit dem am 11. Februar 1949 uraufgeführten Regiedebüt "I Shot Jesse James" hatte er seine Regiekarriere einst begonnen: Es ist die Geschichte eines Mannes, der für das eigene Glück jenen steckbrieflich gesuchten Freund hinterrücks tötet, dem er sein Leben verdankt; eines Mannes, der eine Western-Legende tötet und daraufhin selbst eine begehrte Zielscheibe abgibt; eines Mannes, der nicht nur den Kumpan ermordet, sondern auch gleich alles in sich abtötet, was er noch achten könnte. "Man stirbt nicht für eine gerechte Sache", resümmierte Western-Experte Joe Hembus angesichts von Fullers Erstling, "man tötet für sie, noch besser: man tötet sie selbst." Starke Worte, welche die moralischen Abgründe von Fullers Filmen gut zur Geltung bringen. Hier sind sie bereits zur Gänze präsent. Der ruppige, harte Charakter der Gewalt kommt hier eher noch in Relation zur Filmlandschaft seiner Zeit zur Geltung, aufblühen sollte er bei Fuller erst noch.
In Criterions Eclipse Series ist "I Shot Jesse James" mit zwei anderen Frühwerken Fullers dankenswerter Weise auf DVD herausgekommen: Fassungseintrag von Phileas
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