Golfo (1915)
Die Geschichte des griechischen Films im Stummfilmzeitalter wird häufig über zwei Phasen vorgestellt: zum einen über die ab 1904 einsetzenden Arbeiten der aus Avdella stammenden Gebrüder Manaki, die zu den Filmpionieren des Balkans zählen und denen Theo Angelopoulos in "To Vlemma tou Odyssea" (1995) ein Denkmal setzte, zum anderen über das Schaffen von Dimitris Gaziadis, der die griechische Spielfilmlandschaft mit einigen originellen inszenatorischen Einfällen anreicherte und dessen "Astero" (1929) im letzten Jahr durch eine Zusammenarbeit zwischen griechischer Botschaft und dem Europäischen Informations-Zentrum hierzulande seine Erstaufführung erlebte und in diversen Programmkinos die Runde machte.
"Golfo" (1915) - uraufgeführt in Athen am 22. Januar 1915 - hatte das Glück, als erster Langspielfilm in die Geschichte des griechischen Kinos einzugehen. Mit knapp 100.000 Drachmen Produktionskosten und besetzt mit angesehenen Theater-Stars war der 80-Minüter für seine Zeit ein kostenspieliges Unterfangen, das an den Kinokassen jedoch floppte. Ob das seinerzeit ungewöhnlich hohe Budget oder eher eine mangelhafte Qualität daran die Schuld trägt, lässt sich nicht mehr in Erfahrung bringen, da "Golfo" seit den 30er Jahren als verschollen gilt. Gehalten hat sich aber das Interesse für das zugrundeliegende Stück "??????"/"Golfo" Spyridon Peresiadis', das - oftmals von umherziehenden Wandertruppen - seit 1893 unablässig in diversen Großstädten mit Erfolg gegeben worden ist. Das in dem Ambiente eines kleinen Bergdörfchens spielende Hirtendrama zählt zu den Klassikern folkloristischer Dramen der jüngeren Zeit und steht in der langen Tradition bukolischer Dichtung. Während es im Ausland kaum bis gar nicht wahrgenommen worden ist, gab es in Griechenland - wo es das Interesse an nationaler Tradition befriedigte - nicht bloß immer wieder (bis heute) zahlreiche Theateraufführungen sondern ab 1932 auch zahlreiche Neuver(ton)filmungen (je nach Quelle bis zu vier Stück, wobei der 1955er "Golfo" von Orestis Laskos in Griechenland zum dritterfolgreichsten Film des Jahres avancierte); selbst der bereits erwähnte "Astero" war - obwohl eigentlich von einer US-Produktion beeinflusst - eine vergleichbar aufgebaute Tragödie im Milieu der Schafshirten. Durch Angelopoulos' "O Thiassos" (1975), in welchem "Golfo" mehrfach zitiert und variiert wird, wurde es zumindest auch kurzzeitig jenseits der Grenzen Griechenlands etwas populärer und geriet in Griechenland endgültig zum Aushängeschild der Tradition des folkloristischen Wandertheaters. (In "Topio stin omichli" (1988) verkündete Angelopoulos dann melancholisch das Ende dieser Tradition.)
Worum es geht? Inhaltsangabe von PierrotLeFou
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