Easy Rider (1969)
Die Moderne als Epoche des Films zu verankern, ist eine knifflige Angelegenheit, fällt doch Film als Medium schon zu Beginn in die (literarische) Epoche der Moderne. So hängt es letztlich davon ab, welche filmischen Gattungen und Länder man anvisiert, um von einem modernen Film sprechen zu können, der – sieht man einmal von der reinen Avantgarde ab – im Grunde Anfang/Mitte der 40er Jahre in Italien entsteht, über diverse Neue Wellen in den 50er/60er Jahren einen Kulminationspunkt erreicht, derweil sich in den 60er Jahren längst auch mit guten Gründen eine entstehende Postmoderne im Film entdecken lässt, welche in den 80er/90er Jahren zunehmend ihren Kulminationspunkt zu erreichen scheint, derweil die Moderne im Film als passé gilt: Als Ende des modernen Films (im Sinne eines ersten modernen Films oder eine Prä-Postmoderne) gilt das Ende des New Hollywood, das durch den epochalen kommerziellen Misserfolg von "Heaven's Gate" (1980) sowie durch das Blockbuster-Phänomen ab "Jaws" (1975) befeuert worden ist.
Am Beginn dieses New Hollywood stehen "The Graduate" (1967) und "Bonnie and Clyde" (1967); zahlreiche der späteren New-Hollywood-Großmeister stammen aus Roger Cormans kleiner Filmschmiede; und die 68er-Bewegung erscheint als treibender Motor oder zumindest als fruchtbarer Boden: Liberalere Haltungen und die Akzeptanz des auteurs lösten den klassischen Genrefilm ab, der sich durch die Wahrung des vermeintlich guten Geschmacks und der Schablonen eines klassischen Unterhaltungskinos auszeichnete. Sex und Gewalt (und Drogen) ließen sich direkter und unverstellter thematisieren und an die Stelle eines klassischen Aktions-Reaktions-Schmemas trat (ähnlich wie schon im Neorealismus nun auch in Hollywood) der Mut zum Bruch mit dem sensomotorischen Schema, wie Deleuze es in seinen Kino-Bänden beschrieb. Dieser Bruch dominierte den New-Hollywood-Film nicht völlig, verlieh ihm aber in vielen Fällen neue Formen: Jump cuts à la Godard, flash cuts, offene Enden, Episodenhaftigkeit, Leerlauf, vielschichtige Figuren, moralische Uneindeutigkeiten und allerlei weitere Elemente gaben Hollywood einen neuen Ton vor. Und in "Easy Rider" erklingt er in aller Vollendung: Anknüpfend an AIP-Drogen- und Biker-Filme löste "Easy Rider" eine wahre Welle aus, traf genau den Nerv der Zeit, das neue Lebensgefühl (das sich vor allem auch im kultverdächtigen Soundtrack niederschlug), den Freiheitsdrang (der sich auch in experimentellen Montagen niederschlägt) und das Misstrauen in jene scheinbar rückständige Schichten, welche dem neuen Lebensgefühl mit traditionellen Werten und aggressiver Ablehnung begegneten. Peter Fonda, Dennis Hopper und Terry Southern schrieben das Buch dieses u.a. von Fonda und Bob Rafelson produzierten Road Movies, das Hopper auf dem Regiestuhl mit einer kraftvollen, stilvollen und originellen Inszenierung umsetzte, welche der Kamera von László Kovács ("Hells Angels on Wheels" (1967), "Psych-Out" (1968), "Targets" (1968)) ebenso einiges verdankt wie auch so manchen Drogenexzessen am Set: Hopper und Fonda in den Hauptrollen sowie Jack Nicholson als Nebendarsteller verliehen dem Werk mit ihrem Charisma zusätzliche Effektivität. Voll und ganz auf den Kulturkonflikt zielend, welchen die Gegenkultur während ihrer Entstehung erlebte (wenn nicht gar: durchlitt), grenzt sich der so raue wie stilvolle, der so dynamische wie poesievolle Stil vom Classical Hollywood, aber auch von der Unbedarftheit einiger jüngerer Teenie-Filme fürs Gegenkultur-Publikum erheblich ab. Allein die Einbindung der Musik ist richtungsweisend und verfolgte Ansätze Angers ("Scorpio Rising" (1964)) konsequent fort. Wenn "Medium Cool" (1969) der New-Hollywood-Klassiker für das politisierte 68er-Publikum gewesen ist, so war "Easy Rider" der Kult-Klassiker des New Hollywood fürs Hippietum und die Drogen-, Musik- und Bikerszenen. James Benning setzte dem Werk 2012 mit einem Film gleichen Titels eine würdige re-creation.
Günstig ist der Film als Sony-BluRay zu erwerben: Fassungseintrag von Mr. Hankey
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