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von PierrotLeFou

Vor 75 Jahren: Käutners Trümmerfilm

Stichwörter: 1940er Deutschland Drama Episodenfilm Jubiläum Käutner Klassiker Krieg Parabel Spielfilm Tragikomödie Trümmerfilm

In jenen Tagen (1947)

Im Hamburg der jungen Nachkriegszeit erzählt ein reichlich abgewracktes Automobil mit Helmut Käutners Stimme seine Geschichte – zugleich die Geschichte seiner Besitzer(innen) – von 1933 bis 1945. Schlüsseljahre des 20. Jahrhunderts noch bis heute. Und zugleich erzählt das Automobil eine Geschichte des Menschseins, der Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten. Helmut Käutner hatte mit dem am 13. Juni 1947 uraufgeführten Film sein erstes nach dem Krieg begonnenes Filmprojekt abgeliefert, nachdem er kurzzeitig erst einmal für die Bühne inszenierte; das Vorhaben, an seine Filmregiekarriere anzuknüpfen, war schon zu Beginn der Nachkriegszeit bei Käutner vorhanden. Und weil er mit seinen im Nationalsozialismus entstandenen Arbeiten zumindest keine explizite Propaganda betrieb, teils gar die Missachtung der nationalsozialistischen Zensur auf sich zogen, war das gerade für Käutner auch einigermaßen schnell wieder möglich; wenn auch unter einigermaßen abenteuerlichen Produktionsbedingungen, die Käutner samt seiner gegründeten Camera-Filmproduktion GmbH hinnehmen musste: Schon im Frühjahr 1946 reifen erste Pläne, im Sommer des Jahres wird gedreht: inmitten von Trümmern, wie in so manchen Filmen jener Jahre, die später als Trümmerfilm gefasst worden sind. Wie ein Kontrast wirkt da der fantastische (freilich symbolische) Anstrich, der durchaus humorvolle Blick auf schwere Zeiten, der optimistische, zuversichtliche Tonfall, dem die Schärfe eines "Die Mörder sind unter uns" (1946) weitgehend abgeht; eine Süßlichkeit wohnt dem Stoff inne, die Käutners Filme vielfach auszeichnete, vorher und späterhin... Das mag mit diesem Blick auf das Gute in der deutschen Bevölkerung auf manche verharmlosend wirken, traf allerdings seinerzeit den Zeitgeist intellektueller Kunstschaffender und Kritiker(innen) wie etwa Wolfdietrich Schnurre und begeisterte Filmkritiker(innen) und -historiker(innen) auch später noch: Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden zückte zu Beginn der 60er Jahre ihr (heutzutage freilich zurecht eher belächeltes) Gütesiegel "besonders wertvoll" für das in der Tat bemerkenswerte Zeitdokument. Mehrere Stimmen sahen den besten Käutnerfilm überhaupt darin, andere zumindest seinen besten Nachkriegsfilms. Und zum hundertsten Geburtstag des Kinos wählten Kritiker(innen) den Film auch unter die hundert wichtigsten deutschen Filme. Und in der Tat sind humanistische Grundierung und hohes inszenatroisches Geschickt kaum zu übersehen; auch lässt der Film, der sich ja ganz bewusst den Zeitraum von 1933 bis 1945 auswählt, keinen Zweifel an den Verbrechen jener Zeit. Indes: Das Publikum holte Käutner mit seinem Episodenfilm nicht ab. Als nächstes fasste er dann eine satirische Komödie in Auge; fand aber auch damit nur wenig Publikumsgunst – woraufhin er dann auch bald als Kassengift betrachtet wurde...
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