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von PierrotLeFou

Vor 100 Jahren: D. W. Griffith, Top & Flop, stumm & tönend

Stichwörter: 1920er Bühnenstück Burke Cormon d'Ennery Drama Gish Griffith Historienfilm Jubiläum Klassiker Liebesfilm Literaturverfilmung part-talkie Spielfilm Stummfilm USA

Dream Street (1921) & Orphans of the Storm (1921)

Nachdem David Wark Griffith in den Jahren 1918 bis 1920 einen beachtlich hohen Output vorweisen konnte – 17 seiner Filme erlebten in diesen drei Jahren ihre jeweiligen Premieren –, brachte er 1921 bloß zwei Filme in die Kinos, die unterschiedlicher nicht hätten eingestuft werden können.
"Dream Street" kommt am 12. April 1921 erstmals in die Kinos: als Stummfilm. Begleitend dazu hatte er noch Einführung gedreht, die im Photokinema-Verfahren Griffith himself nicht bloß zeigt sondern auch tönen lässt, derweil er "Dream Street" vorstellt. Zwei Wochen später fertigt Griffith noch Tonaufnahmen an, die für eine part talkie-Version gedacht sind, die im Mai 1921 ihre Uraufführung erlebt. Mangels Photokinema-Ausstattungen in den Kinos – die parallel zur Filmvorführung möglichst synchron noch den separat vorliegenden Ton hätten abspielen müssen – und aufgrund der angeblich doch recht mäßigen Qualität des Ergebnisses setzt sich jedoch die Original-Stummfilmversion durch. Wobei ihr Erfolg bescheiden ist – trotz einiger Marketing-Gags wie Chinatown-Kulissen in einer Kinolobby in Atlanta, passend zum Handlungsort des Films, dem Londoner Stadtteil Limehouse: Enttäuschend sei "Dream Street", lasse jedes Anzeichen für Griffith' inszenatorischen Fähigkeiten vermissen, sei – in der part talkie-Version – ein misslungenes Experiment, zähle gar zu seinen schlechtesten Filmen überhaupt... Und ein finanzieller Flop war "Dream Street" noch dazu. Tatsächlich ist die aus verschiedenen Erzählungen von Thomas Burke zusammengebaute Handlung um zwei Brüder, die ein und dieselbe Tänzerin lieben, die bald auch noch von einem Schurken begehrt wird, nicht übermäßig überzeugend, zeichnet sich besonders stark durch eine von Griffith häufig betriebene S/W-Malerei aus und weist allerlei yellow- und blackfaces auf; und Griffith inszenatorische Handschrift fehlt zwar nicht gänzlich – denn es lassen sich vitale Massenszenen (wenn auch eher weniger beeindruckender Größenordnung) ebenso finden wie sinnig genutzte Großaufnahmen; auch gibt es ein paar interessante visuelle Einfälle; aber Fülle und Raffinesse enttäuschen doch etwas, wenn man Griffith' große Klassiker zum direkten Vergleich heran zieht.
Zu diesen großen Klassikern gehört – als einer der letzten großen Klassiker Griffith', dessen Karriere fortan nicht mehr halten sollte, was seine Karriere in den 10er Jahren noch versprochen hatte – auch der am 28. Dezember 1921 uraufgeführte "Orphans of the Storm". Hier verbindet Griffith wieder einmal kleine zwischenmenschliche Dramen mit der großen Weltgeschichte und lässt zwei Stiefschwestern die Wirren der französischen Revolution durchleben, bis einer von ihnen gar die Hinrichtung auf der Guillotine droht, ehe Danton eine griffithtypische last minute rescue eintreten lässt. Nach einer Bühnenstückvorlage von Adolphe d'Ennery und Eugène Cormon bewerkstelligte Griffith diesen noch einmal sehr charakteristischen Klassiker, in dem Dorothy und (letztmalig) Lillian Gish für ihn vor der Kamera und inmitten gigantischer, kostenspieliger Kulissen stehen: Epische 2½ Stunden Laufzeit nahm sich Griffith dafür Zeit und lieferte nochmals großes Monumentalkino, das sich als etwas naiver und fragwürdiger Kommentar auf die noch junge Revolution in Russland lesen ließ; in ideologischer Hinsicht besticht dieser Film wie meisten Griffith-Filme freilich nicht. Aber auch wenn "Orphans of the Storm" noch einmal viele Qualitäten des großen Regisseurs aufweist und längst zu seinen größten Titeln gezählt wird, so entpuppte sich die kostenspielige Produktion doch nicht als Kassenerfolg.
Erhältlich ist der Film auf der empfehlenswerte, bereits vor 19 Jahren erschienenen Griffith Masterworks-Edition von KINO on video: Fassungseintrag von Intergalactic Ape-Man


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