The Execution of Mary, Queen of Scots (1895)
Mit bloß 16 Jahren wurde Alfred Clark 1889 für die North American Phonograph Company tätig, die sich mit dem Vertrieb von Phonographen und Graphophonen beschäftigte und schon Anfang/Mitte der 90er Jahre Insolvenz anmelden musste, die 1894 ein endgültiges Scheitern der Company mit sich brachte, in die sich zuvor allerdings noch Thomas Alva Edison einkaufte. Für Edison, der in seinem Studio Black Maria mit der Hilfe William K. L. Dicksons bereits so einige Kinetoscope-Filme gedreht hatte, arbeitete dann auch Alfred Clark als Regisseur im Black-Maria-Studio, wo er sich stärker als Dickson von dokumentarischen Situationsfilmen distanzierte und vermehrt den Re-Inszenierungen historischer Begebenheiten zuwandte. Insbesondere spektakuläre Grausamkeiten haben es ihm angetan, etwa in der "Indian Scalping Scene" (1895), die heute nicht mehr erhalten zu sein scheint. "The Execution of Mary, Queen of Scots", am 28. August 1895 erstmals zu sehen gewesen, liegt hingegen noch heute vor und zählt nicht bloß zu den frühesten Handlungsfilmen der Filmgeschichte, sondern enthält auch einen der frühesten Schnitte, wenn nicht sogar den frühesten Schnitt: Es ist ein kaschierter Schnitt, der als früher Trickeffekt den Schnitt durch den Hals der Schottenkönigin ermöglicht, die hier den vermutlich ersten Leinwand-Tod stirbt: Ein(e) Darsteller(in) – mal als Mrs. Robert (L.) Thomas, mal als Mr. Robert Thomas oder auch als Robert Thomae ausgewiesen –, von dem/der weder verlässliche biografische Angaben noch weitere Leinwand-Auftritte bekannt sind, kniet sich hier als Königin vor dem Richtblock des Henkers hin, der nach einem kaschierten Schnitt einer identisch hergerichteten Puppe den Kopf abschlägt, welcher dann vom Boden gehoben und der Menge bzw. dem Filmpublikum präsentiert wird. Diese Schilderung scheint historisch nicht korrekt zu sein, sollen doch für die Enthauptung tatsächlich zwei Hiebe notwendig gewesen sein, doch lässt sich die filmhistorische Relevanz sowenig leugnen wie ein äußerst solides Handwerk, welches – was unter den Kunstformen ansonsten wohl bloß dem Grand Guignol vorbehalten blieb – dem zeitgenössischen Publikum die konkrete Vorstellung einer Hinrichtung bzw. Enthauptung verschaffte. Nicht bloß wegen der innovativen filmtechnischen Tricksereien, sondern auch als frühes Beispiel für die Faszination der Grausamkeit im Film sowie als Beispiel für die um 1895 weit verbreitete direkte Ansprache des Filmpublikums ist "The Execution of Mary, Queen of Scots" einen Blick wert, der in den Zeiten des Internets nunmehr nahezu jedermann jederzeit möglich ist...
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