The Debussy Film (1965)
Ken Russell blickte Mitte der 60er Jahre bereits auf eine knapp zehnjährige Karriere als Filmemacher zurück, in welcher er zunächst Amateurfilme und schließlich originelle Dokus für die BBC anfertigte. Zu letzteren zählen vor allem Filme über Kunst und Künstler, vor allem über Komponisten. Bei Musik-Interessierten waren diese Werke - was später auch für Russells Kinofilme über bekannte Komponisten zutraf - eher weniger beliebt, beim BBC war man sich hingegen über die filmischen Qualitäten der Werke Russells im Klaren; dennoch stieß er mit seiner Vorliebe, Schauspieler in dokumentarisch ausgerichteten Projekten einzusetzen, an die Grenzen der Vorgaben des Senders: auf dialogreiche Spielfilmsequenzen musste er in aller Regel verzichten, die Einbindung von Archivmaterial und Off-Kommentaren wurde ihm bisweilen nahegelegt.
"The Debussy Film" - der am 18. Mai 1965 ausgestrahlt worden ist - ging dann hingegen soweit, wie es im Rahmen der eng gesteckten Vorgaben nur möglich war: Als Russell nach dem Misserfolg seines ersten Kinofilms "French Dressing" (1964) die Pläne für ein Debussy-Biopic wieder verwerfen musste, kam ihm die rettende Idee, im TV-Format Monitor eine dokumentarische Arbeit über Debussy unterzubringen, die jedoch mittels Film im Film-Verfahren genug Raum für Spielfilm-Ästhetik und entsprechend große künstlerische Freiheit bot. Wie die zeitgenössischen Arbeiten von Peter Watkins ("Culloden" (1964), "War Games" (1965)) sprengte Russells "The Debussy Film" die bisherigen Grenzen dokumentarischen Arbeitens. Nicht bloß die Länge von über 80 Minuten, sondern auch das - von Fellinis "8½" (1963) beeinflusste - Hin- und Herspringen zwischen den verschiedenen Ebenen des Films hat sich von anderen Monitor-Beiträgen spürbar abgehoben: vor allem die exzentrischen, fantasievollen Sequenzen des Films (ein Duell mit Besen, Spazierstock und Spielzeugpistole im Museum, eine St. Sebastian-Märtyrer-Episode mit jungen Frauen in 60er Jahre Mode, die Inszenierung des letzten Lebensabschnitts Debussys in der Tradition der unvollendeten Debussy-Oper nach Poes "Fall of the House of Usher") sowie die Anpassung der Bilder an die Stimmung der Musik haben 1965 noch für Irritation gesorgt. Doch was im Rahmen des Fernsehens damals eine kleine, ungewöhnliche Monstrosität war, war zugleich eine Ankündigung des typischen Russell-Stils, der den britischen Film der späten 60er und der 70er Jahre enorm bereicherte: Der skandalöse TV-Film "Dance of the Seven Veils" (1970) und die Kinofilme "Women in Love" (1969), "The Music Lovers" (1970), "The Devils" (1971), "Mahler" (1974), "Tommy" (1975) und "Lisztomania" (1975) deuten sich hier bereits allesamt an - zumal Vladek Sheybal und Oliver Reed auch die Stars späterer Russell-Filme waren. Unter dem Slogan Ken Russell at the BBC hat BBC Video vor einiger Zeit endlich diesen lange vergessenen und selten gezeigten Film und weitere TV-Arbeiten Russells auf DVD veröffentlicht.
Und worum geht es? Inhaltsangabe von PierrotLeFou
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