Guling jie shaonian sha ren shijian (1991)
Mit "Haitan de yitian" (1983), seinem ersten eigenen Spielfilm, geriet Edward Yang zu einem der Hauptvertreter des taiwanesischen Kinos; neben Hou Hsiao-Hsien verkörperte er bald darauf sogar die Neue Welle Taiwans, der auch Filmemacher wie Chen Kunhou oder Wan Jen zugerechnet werden und die ab Mitte der 80er Jahre große Beachtung fand, um in den 90ern vor allem durch Ang Lee und Tsai Ming-liang auf neue Weise fortgeführt zu werden. Yangs populärstes Werk sollte allerdings erst zur Jahrtausendwende erscheinen: "Yi Yi" (2000), der seine internationale Bekanntheit erheblich befeuerte und rückwirkend nochmals größeres Interesse an den vorangegangenen Filmen auslöste. "Yi Yi" blieb der letzte Film Yangs, der sieben Jahre darauf vom Darmkrebs dahingerafft worden ist - gerade einmal 59jährig. Unter seinen früheren Filmen genießt besonders sein vierstündiger "Guling jie shaonian sha ren shijian" große Beliebtheit...
"Guling jie shaonian sha ren shijian", der am 27. Juli 1991 seine Uraufführung erlebte, beginnt Ende der 50er, um seine Geschichte Anfang der 60er Jahre anzusiedeln: In einem seit Mitte/Ende der 40er Jahre von zahlreichen flüchtenden Festlandchinesen bewohnten Taiwan, in dem die Kinder der Hinzugezogenen, die auch zwischen japanischen und amerikanischen Einflüssen leben, bald an einer unsicheren Zukunft und einer unsicheren Identität leiden und zu großen Teilen in rivalisierenden Jugendgangs einen Sinn finden. Der deutsche Alternativtitel "Mord eines Jugendlichen auf der Guling-Straße" lässt ebenso wie das Cover der Criterion-Ausgabe ahnen, dass die Geschichte des jungen Xiao Si'r, die hier erzählt wird, kein gutes Ende nehmen kann: Wenn dann aber die Katastrophe eintritt, für die Yang sich vom ersten populären Fall eines jugendlichen Mörders in Taiwan inspirieren ließ, entpuppt sie sich als weit tragischer, als man es zunächst erwartet hätte. Wunderschön inszeniert, mit Liebe zum Detail und ohne Hast daherkommend, ist Yangs Vierstünder ein anspruchsvoller, unterhaltsamer und auf seine ganz eigene Weise epischer Historienfilm geworden, der zu den ganz großen Klassikern des taiwanesischen Kinos zählt.
Criterion spendierte dem Werk quasi zum 25. Jubiläum eine DVD- & BluRay-Ausgabe, die dieses lange Zeit schwer erhältliche Werk wieder verfügbar machte: Fassungseintrag von PierrotLeFou
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