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von ratz

Vor 50 Jahren: Zwei Seiten von Coppola

Stichwörter: 1970er Coppola de-Niro Drama Hackman Jubiläum Klassiker New-Hollywood Pacino Puzo Spielfilm Thriller USA

The Conversation (1974) / The Godfather: Part II (1974)

Nach dem phänomenalen Erfolg des Mafiafilmes „The Godfather“ (1972) sah sich der Autor und Regisseur Francis Ford Coppola plötzlich in der Lage, ein sehr viel kleineres, spezielleres Filmprojekt zu realisieren, für das er vorher jahrelang keine Finanzierung hatte bekommen können. Dieses Projekt war „The Conversation“, der am 7. April 1974 Premiere feierte und bis heute als Coppolas persönlichster Film gilt, während „The Godfather: Part II“, der noch im selben Jahr am 12. Dezember startete, zu den beliebtesten, erfolgreichsten und bestbewerteten Werken der US-amerikanischen Filmgeschichte zählt.

„The Conversation“ und „The Godfather II“ könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein: hier die intime Studie eines komplizierten Charakters, verpackt in eine spröde und indirekt erzählte Geschichte voller Zweifel und Unsicherheit, auf der anderen Seite das elegische, ausladende Gangsterepos in nostalgischen in satten Sepiatönen, das Kontinente und Jahrzehnte umspannt und alle Merkmale eines hochpreisigen Crowdpleasers hat. Trotzdem haben beide Filme durchaus Gemeinsamkeiten: es sind jeweils Einblicke in ganz spezifische Segmente der gegenwärtigen US-Gesellschaft und verhandeln männliche Selbstbilder, Erfolg, Schuld und Einsamkeit.
Die New Hollywood-Prägung Coppolas ist in „The Conversation“ unübersehbar, denn das sperrige Portrait des nicht mehr ganz jungen Abhör-Experten Harry Caul (Gene Hackman) zeichnet ihn als komplexe Persönlichkeit: verschlossenen, mißtrauisch, katholisch geprägt, stolz und verletzlich. Als Caul erkennt, daß sein letzter Spionageauftrag ein junges Paar in Lebensgefahr bringen könnte, übertritt er die Schwelle des passiv ausführenden Profis und gerät in einen schwer zu durchschauenden Strudel aus Schuldgefühlen, Gewaltvisionen und Angst. Mit der Darstellung von neuester und kaum zu entdeckender Abhörtechnologie traf Coppola unbeabsichtigt einen Nerv der Öffentlichkeit, denn gerade waren die Details des Watergate-Skandals öffentlich geworden, so daß „The Conversation“ vom Publikum als direkte Antwort auf die illegalen Verwicklungen der Regierung und die unübersichtliche politische Gemengelage verstanden wurde – der Film gehört zum festen Bestandteil des Kanons der US-Paranoia-Filme der 1970er Jahre.
Im Gegensatz zu diesem Low Budget-Autorenfilm kommt „The Godfather II“ als teures und konventionelles Studiokino von Paramount daher, basierend auf der Literaturvorlage des Bestseller-Autors Mario Puzo, mit einer Armada von hochdekorierten Schauspiel-Stars (angeführt von Al Pacino und Robert De Niro), in edler Ausstattung und erlesenen Bildern. Doch auch hier zeigt Coppola, daß er sein Handwerk beherrschte und mit höchstem künstlerischen und organisatorischen Einsatz alle auftretenden Probleme lösen konnte, wie die gut dokumentierte Produktionsgeschichte zeigt. Die narrative Rückblendenstruktur – der Aufstieg von Vito Corleone aus Teil 1 in den 1910er Jahren und die Machtkämpfe seines Sohns Michael in den 60er und 70er Jahren, d.h. der Gegenwart – wurde anfangs von der Kritik noch stark kritisiert, doch hat sich diese Ansicht in den folgenden Jahrzehnten gewandelt, denn heute gilt „The Godfather II“ als Höhepunkt der „Pate“-Trilogie und führt diverse Bestenlisten an.

Den Kniff, mit prestige- und gewinnträchtigen „Godfather“-Filmen anspruchsvollere, persönlichere oder kaum finanzierbare Projekte zu unterstützen, behielt Coppola über die Jahre bei: „The Godfather II“ finanzierte im Wesentlichen das Opus Magnum „Apocalypse Now“ (1979), während „The Godfather: Part III“ (1990) Coppolas Schuldenprobleme lindern sollte, mit denen er seit dem Mißerfolg von „One From the Heart“ (1982) kämpfte. Der Filmemacher war überdies stets ein großer Freund und Förderer der Möglichkeiten des Heimkinos, über die Jahrzehnte gab es üppige Editionen seiner Filme auf VHS, DVD, Blu-ray und schließlich 4K-UHD-Blu-ray. Immer sind ein Regiekommentar und erhellende Extras enthalten, so auch für diese beiden Filme des Jahres 1974. Exemplarisch seien hier die 4K-Ausgabe der „Pate-Trilogie“ genannt (Fassungseintrag) sowie die deutsche Blu-ray von „The Conversation“ (Fassungseintrag), die aktuell bei uns vergriffen, aber inhaltsgleich in Großbritannien erhältlich ist (Fassungseintrag). „The Conversation“ soll noch in diesem Jahr eine Neuausgabe auf 4K-UHD-Blu-ray erhalten, so daß man die beiden gegensätzlichen, jedoch verwandten Zeugnisse von Coppolas Filmkunst in bestmöglicher Qualität genießen und vergleichen kann.


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