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von PierrotLeFou

Vor 25 Jahren: Noir à la Rivette – wie eine griechische Tragödie

Stichwörter: 1990er Drama Frankreich Jubiläum Klassiker Kriminalfilm Noir Rivette Spielfilm

Secret défense (1998)

Es wird vielleicht etwas zu häufig über Filmemacher(innen) gesagt, niemand drehe Filme so wie sie. Bei Jacques Rivette jedoch trifft es den Nagel auf den Kopf: diese Mischung aus entschleunigter Dramaturgie, langer Laufzeit, enger Zusammenarbeit mit den Schauspieler(inne)n, die viel Freiraum und Mitbestimmungsmöglichkeiten haben, Genre-Versatzstücken und – bei aller Düsternis – Humor hat niemand zuvor oder danach auf so faszinierende Weise vermengt. Mysteriöse Plots und Kriminalfilm-Versatzstücke zogen sich dabei schon seit Anbeginn durch seine Langspielfilme. Aber in dem am 18. März uraufgeführten "Secret défense" kommen sie dem Genre so nah wie kein anderer Rivette: Der wendungsreiche Plot, der sich gemächlich in fast drei Stunden entfaltet, trägt mit seinen fatalistischen Zügen und der Aura des Geheimnisses viel vom klassischen Noir, ist aber dann doch von einer griechischen Tragödie inspiriert worden. "Elektra" steht als Mythos Pate, wird aber doch ganz erheblich verformt: das Plakatmotiv ruft eher Noirs wie "Secret Beyond the Door..." (1947) oder den für Rivette durchaus bedeutsamen Louis Feuillade mit seiner "Judex" (1916), als deren Widergängerinnen so manche Rivette-Figuren erscheinen können.
Ein Mord scheint sich ereignet zu haben. Das erfährt Sylvie und mag es doch nicht glauben. Doch schon bald hat sie Gründe, davon überzeugt zu sein, dass ihr Vater von seinem zum Nachfolger geratenen Kollegen ermordet worden war. Jener Mann lebt heute auch noch im Hause des Vaters, wo Sylvie zur rächenden Tat schreiten wird, um dann doch die falsche Person zu erschießen. Das ursprüngliche Zielobjekt steht ihr dann infolgedessen bei und bald enthüllt sich, was in der Vergangenheit einst geschen war. Aber auch Sylvies misslingender Mordversuch wird sich noch einmal in anderer Konstellation wiederholen: Verhängnisvolle Irrtümer, beinahe ironisch anmutende Parallelen und fatale Verwirklichungen sich abzeichnender Schicksale kommen hier zusammen und vermengen in einer typischen Rivette-Mélange zwischen Schwermut und Humor den Noir mit der Tragödie.


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