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von ratz

Vor 75 Jahren: Das Debüt des Traumpaars Kurosawa-Mifune

Stichwörter: 1940er Drama Japan Jubiläum Klassiker Kurosawa Mifune Neorealismus Noir Shimura Spielfilm Thriller

Yoidore tenshi (1948)

Die 16 gemeinsamen Filme des Regisseurs Akira Kurosawa und des Schauspielers Toshiro Mifune markieren nicht nur Höhepunkte im japanischen Nachkriegskino, sondern trugen auch wesentlich dazu bei, das Filmland Japan in der westlichen Arthouse-Szene zu etablieren. Das Ende der Kurosawa-Mifune-Zusammenarbeit ist bereits gewürdigt worden („Rotbart“ von 1965, Anniversary-Text), nun gilt es, an das 75-jährige Jubiläum ihres ersten Projektes zu erinnern, denn am 27. April 1948 feierte „Yoidore tenshi“ in Tokyo Premiere.

Während der charismatische Mifune in „Rotbart“ selbst die Rolle eines älteren, knurrigen Arztes spielt, wird diese Rolle in „Yoidore tenshi“ von Takashi Shimura verkörpert (ein weiterer Darsteller, den Kurosawa sehr oft besetzte). Dieser Arzt lebt in einem Elendsquartiert, das um einen schmutzigen, trüben Tümpel angesiedelt ist und von Armut und Kriminalität gezeichnet ist. Hier entwickelt sich eine vielschichtige Beziehung zwischen ihm und einem jungen Yakuza (Mifune in seiner zweiten Hauptrolle), die zwischen Anziehung und Abstoßung oszilliert. Beide Männer erkennen sich im jeweils anderen wieder – sie beide sind Randfiguren der Gesellschaft, haben aber trotz ihres impulsiven Wesens einen Kern ihrer Menschlichkeit bewahrt. Kurosawa hatte sich für sein Drehbuch von den Erzählungen Dostojewskis inspirieren lassen und nutzte in „Yoidore tenshi“ die Ästhetik sowohl des (gerade erst etablierten) Neorealismus sowie eines klassischen Gangsterfilms bzw. Film Noir. Dabei wird am zweifelhaften Ehrenkodex der Yakuza kein gutes Haar gelassen, was vor allem ein schmutziger und unheroischer Zweikampf am Ende unterstreicht. Frauen spielen in dieser männlich dominierten, irrationalen Konfliktsphäre von „Yoidore tenshi“ zwar nur eine untergeordnete Rolle, sind jedoch auffällig als geerdet, vernünftig und damit als „zukunftsfähig“ charakterisiert: eine resolute Großmutter führt den Haushalt des Arztes, eine Wirtin möchte aus dem kriminellen Umfeld der Stadt fliehen, ein junges Mädchen betritt den Weg höherer Bildung, und selbst eine Prostituierte (die dem Klischee der femme fatale nahesteht) weiß genau, wie sie am besten für sich selbst sorgt.

„Yoidore tenshi“ steht als Online-Stream mit englischen Untertiteln kostenlos zur Verfügung, für deutsche Untertitel kann man eine DVD vom Schweizer Arthouse-Label Trigon erwerben bzw. dessen kostenpflichtigen Stream auf filmingo.ch. Eine Inhaltsangabe wurde von Kenika verfaßt, die OFDb-Kritik von Cineast18 hebt die unauffälligen, jedoch souveränen Aspekte der Inszenierung hervor.


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