Onibaba (1964)
Als Kaneto Shindo – der in den 40ern bei Mizoguchi assistierte und später als Autor für ihn und Naruse, Ichikawa, Masumura, Suzuki, Kinugasa und Okamoto arbeitete – 1952 seinen Hiroshima-Aufarbeitungsfilm "Genbaku no ko" vorlegte, galt er im Westen bereits als einer der bedeutenden, vielversprechenden Regisseure Japans. Mit dem eigenwilligen, dialog- und handlungslosen "Hadaka no shima" (1960, Die nackte Insel) festigte er den Ruf eines ambitionierten Künstlers endgültig. Noch der letzte Film des damals beinahe 100jähigen (und im Folgejahr verstorbenen) Regisseurs – "Ichimai no hagaki" (2011) – war seinerzeit für den Auslands-Oscar nominiert.
"Onibaba" war (uraufgeführt am 21. November 1964) vier Jahre darauf – recht frei auf einer alten Legende basierend und in Ausstattung und Teilen der Handlung an Vorbildern des N?-Theaters orientiert – eine horrible, panische Variation seiner nackten Insel: aus dem mühsamen, ruhigen und monotonen Lebenskampf wurde eine aufpeitschende Horrorgeschichte in Zeiten des Krieges, eine Parabel über den von Gewalt gezeichneten, zur Gewalt getriebenen Menschen in einer feindlichen Welt. Zwei Frauen – die eine jung, die andere gealtert – überfallen in einer einsamen Schilflandschaft der 1330er Jahre umherziehende Samurai, töten und plündern die Männer, um ihre kärgliche Existenz zu sichern. Als ein Mann – und mit diesem eine Liebesbeziehung – die Zweckgemeinschaft der beiden Frauen gefährdet, greift die Alte zu einer dämonischen Maske und einer nicht weniger teuflischen List: doch wie bereits dem Vorbesitzer, so steht nun auch ihr die Entmenschlichung ins Gesicht geschrieben.
Man kann in den phantastischen Zügen der Handlung eine klassische, moralische Bestrafungsgeschichte sehen, man kann – wie Shindo selbst – eine Abbildung der Nöte und Zwänge menschlicher Existenz fernab fester zivilisierter Ordnung in ihr erkennen, man kann sogar – wie James Kendrick – den Nachhall von Hiroshima und seinen hibakusha darin erblicken.
Inszenatorisch schwankt Shindo zwischen Mizoguchis ruhigen, gemächlichen Einstellungen und dem Einfluss der hektischeren, wilderen Filme der jungen Nouvelle Vague – ebenso wie auch die Schilflandschaft zwischen idyllisch wogenden Feldern in langen, kontrastarmen Totalen und aggressiv aufpeitschenden Halmen in kontrastreichen und dynamisch gefilmten & montierten Großaufnahmen wechselt.
Bei Eureka liegt der Film in der Masters of Cinema-Reihe – wie üblich superb ausgestattet – auf DVD oder BR vor: Fassungseintrag von Phileas
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