La vie de bohème (1992)
In wenigen Wochen kommt wieder ein neuer Kaurismäki in die hiesigen Kinos: "Toivon tuolla puolen" (2017). Sein letzter Lang-Spielfilm liegt nunmehr schon ganze sechs Jahre zurück. Und auch diesen trennten fünf Jahre vom vorangegangenen Kaurismäki-Lang-Spielfilm. Der für seine wortkargen, melancholischen Filme bekannt gewordene Finne scheint mit zunehmendem Alter - der 60. Geburtstag am 04. April naht unaufhaltsam! - etwas geruhsamer, unproduktiver zu werden; sei es, weil das Produzieren schwerer fällt, sei es, weil der Reiz des Inszenierens nachlässt... Ganz anders verhielt sich das noch vor einem knappen Vierteljahrhundert: Kaurismäki, der seit seinem zweiten Lang-Spielfilm "Calamari Union" (1985) im Jahrestakt einen neuen Lang-Spielfilm vorlegte, zog mit "Varjoja paratiisissa" (1986) internationales Interesse auf sich und mauserte sich bald darauf auch hierzulande zum Kritikerliebling. Die folgenden Werke "Ariel" (1988), "Leningrad Cowboys Go America" (1989) und "Tulitikkutehtaan tyttö" (1990) werden noch heute zu seinen größten künstlerischen Erfolgen gerechnet. "I Hired a Contract Killer" (1990) stellt dann eine entscheidende Markierung in Kaurismäkis Schaffen dar, handelt es sich doch nicht mehr um eine bloß skandinavische Produktion: Deutschland, Frankreich und Großbritannien zählten neben Finnland und Schweden zu den Produktionsländern und der mit Jean-Pierre Léaud besetzte Streifen leitet zugleich eine lockere Zusammenarbeit von Kaurismäki und Léaud ein, mit welcher Kaurismäki auch seiner Godard-Bewunderung Ausdruck verlieh: In "La vie de bohème" und "Le Havre" (2011) arbeiteten beide nochmals miteinander. Und zugleich markierte "I Hired a Contract Killer" einen Eingriff in den Rhythmus: Nicht Anfang 1991 kam der Film - mit knapp 12 Monaten Abstand zu den umgebenden Filmen - heraus, sondern bereits im September des Jahres 1990, in welchem schon "Tulitikkutehtaan tyttö" erschienen war. 1991 gab es dann keinen (Aki-)Kaurismäki-Film mehr: eine erste Irritation, bevor Kaurismäki nach "Kauas pilvet karkaavat" (1996) seinen regelmäßigen, alljährlichen Output dann endgültig aufgab; die enorm produktive Schaffensphase war nach knapp zehn Jahren bereits wieder vorüber...
"La vie de bohème", neuerlich eine französische Koproduktion, neuerlich mit Léaud (und Louis Malle) besetzt, ist noch aus anderen Gründen ein sehr französischer Film: Der am 18. Februar 1992 auf der Berlinale gelaufene Film basiert immerhin auf den "Scènes de la vie de bohème" (1849) von Henri Murger (welche bereits zu Puccinis Oper "La Bohème" (1896) geführt hatten). Einen tristen, lakonischen Film hat Kaurismäki daraus gemacht; einen Film über mittellose Künstler, die allen Gewalten zum Trutz sich erhalten und "die Realität durch ihr Bewusstsein zu überwinden [trachten]" (D. Krusche, J. Labenski, J. Nagel).
Man kann auch weniger bewundernd auf die Hauptfiguren blicken - wie z.B. Arminowitsch in seinem Review, welches den Film selbst aber ebenfalls lobpreist.
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