La Collectionneuse (1967)
Ab 1954 beginnt Eric Rohmer, der damals bereits 34 Jahre alt war, damit, Kurzfilme zu inszenieren. Zuvor hatte er bald zehn Jahre lang als Lehrer gearbeitet, einen Roman geschrieben und - seit 1951 - diverse Filmkritiken verfasst. Mit dem schon 1959 fertiggestellten "Le signe du lion" (1962) dreht er schließlich seinen ersten Langfilm und avanciert spätestens nun - wenn nicht sogar bereits mit den Kurzfilmen "Véronique et son cancre" (1958) und "Présentation ou Charlotte et son steak" (1960) - zu einem der großen Vertreter der Nouvelle Vague; doch der - beim Publikum nicht sehr erfolgreiche - Film über den sozialen Abstieg eines in die Mittellosigkeit rutschenden Mannes, der bald als Clochard umherstreift, ist rückblickend nicht sehr charakteristisch für Rohmer. Es folgt der Kurzfilm "Boulangère de Monceau" (1963), welcher den Beginn eines sechsteiligen, Contes moraux betitelten Zyklus darstellt. Mit dem bloß 50minütigen "La Carrière de Suzanne" (1963) setzt Rohmer diesen Zyklus fort und schiebt dann zunächst wieder mehrere Kurzfilme und einen Episodenbeitrag für "Paris vu par..." (1965) ein, ehe er mit "La Collectioneuse" zu seinem Zyklus zurückkehrt.
Der am 02. März 1967 uraufgeführte Film ist zugleich sein erster farbiger Langfilm: Mit "Ma nuit chez Maud" (1969) kehrt er dann nochmals zur s/w-Ästhetik zurück, um anschließend durchgängig beim Farbfilm zu bleiben. Aber nicht bloß der Farbe wegen ist "La Collectionneuse" richtungsweisend: Auch mit seiner sommerlichen Urlaubsidylle und einer entspannt entdramatisierten Erzählung nimmt Rohmer den Tonfall kommender Werke vorweg, die größtenteils etwas Leichtes & Lockeres an sich haben; thematisch führt er hier aber Aspekte fort, die er schon in den vorangegangenen Teilen des Zyklus und in einigen Kurzfilmen eingeführt hatte. "La Collectionneuse" handelt - wie jeder große Rohmer - von der Beziehung zwischen Männern und Frauen, wobei sich die Männer zumeist in Prinzipien verrennen, einem Wunsch nach Kontrolle folgen und sich mit einer Qual der Wahl plagen, derweil den Frauen etwas Unbekümmerteres zukommt. (Nicht selten wirkt Rohmer mit seinen Geschlechterbildern recht konservativ.) In "La Collectioneuse" macht die männliche Hauptfigur Urlaub im Haus eines Bekannten, wo er sich alsbald von der schönen Haydée und ihren rasch wechselnden Männerbekanntschaften gestört fühlt. Doch die Abneigung schlägt in Faszination um; die Bemühungen, sich Haydée gewissermaßen anzueignen, bleiben allerdings erfolglos: es entwickelt sich eine lose Freundschaft, in der sich sein Interesse an ihr steigert (ohne, dass er sich das zu schnell eingestehen würde), aus der sie sich aber ganz ungezwungen entzieht. Wie in den meisten Rohmers wird auch hier viel geredet: Adrien, die Hauptfigur, kommentiert den Film, als würde sie ein Tagebuch führen. Das Publikum hört sich all die Prinzipien des Mannes an, während sie zugleich deren Verfehlungen betrachtet. "La Collectionneuse" ist damit ein melancholischer und zugleich humorvoller, leichter Film über falsche oder zulange aufgeschobene Entscheidungen; ein Film über das Zögern, das Verfehlen, die Illusion, den Selbstbetrug...
Preiswert ist die DVD von Kinowelt zu haben (Fassungseintrag von 32451), wohingegen der gesamte Zyklus bei Criterion in einer schönen Edition vorliegt: Fassungseintrag von savethegreenplanet
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