Mikreh Isha (1969)
In den 60er Jahren begannen weltweit Neue Wellen, die – meist unter Besinnung auf die Nouvelle Vague in Frankreich oder den weiter zurückliegenden Neorealismus in Italien – vielerorts bloß für ein, zwei Dekaden den Produktionsländern eine internationale Aufmerksamkeit verschaffen konnten. Auch Israel, dessen Filmgeschichte naturgemäß besonders jung war, blühte im Hinblick auf die Filmproduktionen in den 60er Jahren merklich auf; die Zahl der jährlich produzierten Langspielfilme stieg bis in die 70er Jahre auf ein knappes Dutzend. Allerdings stammten international besonders beachtete Produktionen von ausländischen Filmemachern (wie Chris Markers "Description d'un combat" (1960)), Regie-Größen wie Menahem Golan und Ephraim Kishon drehten vor allem leichte Unterhaltungsfilme und Yoram Gross ("Ba'al Hahalomot" (1962)), Uri Zohar ("Hor B'Levana" (1964)) oder Dan Wolman ("Ha-Timhoni" (1970)) ernteten zwar gute Kritiken, blieben aber gerade im Ausland weitgehend unbeachtet.
Das sieht auch bei Jacques Katmor kaum anders aus, der die Künstlerkommune "The Third Eye" gegründet hatte, als Maler und alsbald auch als Filmemacher arbeitete; dessen "Mikreh Isha" allerdings gelangte immerhin als erster israelischer Film auf die Filmfestspiele von Venedig. Der künstlerisch versierte, anspruchsvolle und ambitionierte Film wurde seinerzeit als wahres Glanzstück gefeiert; wohl nicht zuletzt deshalb, weil er auch deutlich die Spuren Jean-Luc Godards aufwies, welcher sich seinerseits mehr oder weniger aus den Kinosälen zurückgezogen hatte. Hatte Godard in "Vivre sa vie" (1962) seine Partnerin und Muse Anna Karina nicht bloß in Szene gesetzt, sondern unter dem Rückgriff auf E. A. Poe auch das Künstler-Muse-Verhältnis thematisiert, so widmet Katmor, dessen Hauptdarstellerin und Lebensgefährtin Hilit Katmor als Model und Übersetzerin arbeitete, diesem Themenfeld seine zentrale Aufmerksamkeit. Unter dem Einfluss der seinerzeit boomenden Erotik-Werke in Film, Comic und Fotografie und unter Berücksichtigung des geringen Durchschnittsalters in Israel entwirft Katmor in "Mikreh Isha" den Fall einer Frau, die als Model unter den Händen eines älteren Mannes zu Tode kommt, der als ehemaliger Maler an der Konservierung weiblicher Schönheit arbeitet. Poppig – nicht zuletzt dank psychedelischer Filmmusik der Churchills –, erotisch, aber nie einfach voyeuristisch, sondern stets reflektiert und selbstkritisch verläuft dieser Film. Das breite Publikum in Israel war davon indes wenig angetan: hatte es doch einen Erotikfilm erwartet und ein ab- & hintergründiges Drama mit parabelhaften Zügen bekommen.
Englisch untertitelt liegt der Film derzeit leider bloß beim israelischen Label NMC United auf DVD vor: Fassungseintrag von PierrotLeFou
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