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von PierrotLeFou

Vor 125 Jahren: Passagen & Panoramen des frühen Films

Stichwörter: 1898 Dokumentarfilm Frankreich Jubiläum Katastrophenfilm Klassiker Kurzfilm Lumière Paul Stummfilm

Panorama pendant l’ascension de la tour Eiffel (1898) & Passage d'un tunnel en chemin de fer (1898) & The Launch of H.M.S. Albion (1898)

Zum Welttag des audiovisuellen Erbes am 27. Oktober sollen knapp drei frühe Stummfilme vorgestellt werden, die allesamt dem Jahr 1898 entstammen und gemeinsam die Ästhetik von Passagen und Panoramen umreißen, mit denen der Film früh ein Verlangen nach Bewegung befriedigt hat. "Panorama pendant l’ascension de la tour Eiffel", erstmals wohl am 28. November 1898 gezeigt, blickt vom Eiffelturm auf den Palais du Trocadéro – und zwar aus dem Aufzug, der zur Spitze führt, welcher dabei freilich in Bewegung ist und die sich leicht neigende Kamera mit sich in die Höhe trägt. Das sorgt nicht bloß dafür, dass sich allerlei Verstrebungen dicht an der Kamera vor dem eigentlichen Panorma vorbeischieben, sondern auch dafür, dass sich die Perspektive auf den Ausstellungspalast schleichend verändert. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei dem am 29. Mai 1898 erstmals gezeigten "Passage d'un tunnel en chemin de fer" um einen klassischen phantom ride: Die Kamera bewegt sich hier mit einer Lokomotive geradeaus, auf einer Strecke, die leichte Kurven sowie einen stattlichen Tunnel aufweist. Im Grunde gibt es drei Unterführungen, welche passiert werden: Bei der ersten handelt es sich scheinbar um eine Brücke, die an den Seiten und nach oben mit schweren Metallverstrebungen stabilisiert wird. Entsprechend dynamisch ist die Fahrt hindurch, während in der Ferne bereits ein Tunnel zu sehen ist, Nach verlassen der Brücke ist nun erstmals ein rascher Blick ins Tal auf der rechten Seite zu sehen, ehe der Kamerablick in den Tunnel eintritt, wo ein Schnitt inmitten der Schwärze zu bemerken ist; dann zeichnet sich diffus das Licht am Ende des Tunnels ab. Nun gibt es besonders viel von der Landschaft zu sehen, die sich während leicht kurviger Fahrt durch hügeliges Gelände immer weiter offenbart, wobei auch noch einmal eine dritte, kleine Unterführung durchquert und im dahinterliegenden Bahnhof gestoppt wird. Das besitzt Rhythmus und beinahe schon eine Dramaturgie der Bewegung in einem Ausmaß, das für die Führen phantom rides keinesfalls selbstverständlich ist. Einen anderen Weg geht "The Launch of H.M.S. Albion", bei dem anders als bei den genannten Lumière-Produktionen nicht nur der Erstaufführungstermin unsicherer zu sein scheint (wobei der 22. Juni 1898 am wahrscheinlichsten sein dürfte), sondern auch die Identität des Films vielfach Verwechslungen unterliegt, veröffentlichte doch E. P. Prestwich ebenso Aufnahmen des Ereignisses wie auch R. W. Paul. Blickte Prestwitch wenig spektakulär, aber dafür einen guten Überblick gebend aus großer Höhe mit statischer Kamera auf den Stapellauf des Schlachtschiffes am 21. Juni 1898, filmte Paul die Ereignisse weniger übersichtlich, aber wesentlich lebhafter aus einem kleinen Boot heraus. Auf selbigem befinden sich auch neugierige Zeug(inn)en des Ereignisses, denen man während der Seitwärtsfahrten der Kamera beim Schauen zusieht oder aber ihren Blick über die Kamera hinweg oder an ihr vorbei bezeugen kann: darunter auch, recht ausgiebig vor der Kamera erscheinend, R. W. Pauls Gattin (allem Anschein nach). Und schließlich, am Ende des Films, Eindrücke der Katastrophe, die sich während des Staffellaufs ereignete und etliche Tote forderte, nachdem eine größere Welle mehrere hundert Zuschauer(innen) ins Wasser gespült hat: Man sieht Männer in kleinen Booten nach Überlebenden Ausschau halten sowie Personen aus dem Wasser bergen. Auch das Boot, auf dem R. W. Paul gedrehte hatte, nahm an diesen Rettungsaktionen teil, was eben auch ganz andere Bilder ermöglichte als jene, die Paul eigentlich im Sinn hatte. Die Veröffentlichung des Materials wurde seinerzeit naheliegenderweise auch kritisch betrachtet


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