Fargo (1996)
"Dies ist eine wahre Geschichte", so möchte es uns eine Texttafel gleich zu Beginn von "Fargo" glauben machen, und wenn wir einmal davon ausgehen, dass das Leben die unglaublichsten Geschichten schreibt, erscheint das, was sich die Coen-Brüder für ihren insgesamt sechsten Film für eine irrsinnige Handlung ausgedacht haben, auch gar nicht mal so abwegig.
Nach ihrem großen Flop "Hudsucker", der bei einem Budget von 25 Millionen Dollar nicht einmal 3 Millionen Dollar in den USA einspielte, obwohl er qualitativ zu ihren besten Werken gehörte, sollte Ethan und Joel Coen mit dem am 8. März 1996 erstmals aufgeführten "Fargo" ein wesentlich größerer Erfolg beschieden sein. Dafür mussten sie sich nicht einmal untreu werden, sondern sie besannen sich einfach ihres fulminanten Debüts "Blood Simple" und setzten Frances McDormand abermals in eine Welt voller Verlierer und nicht selten krimineller Gestalten, denen nicht zu trauen ist, diesmal allerdings als Polizeichefin Marge Gunderson im verschneiten Minneapolis, wo alle etwas einfältig und behäbig wirken – und eben hier entfaltet sich unvermittelt ein Blutbad, unabsichtlich ausgelöst durch Autoverkäufer Jerry Lundegaard (William H. Macy in bemitleidenswerter Bestform), dem bei dem Versuch, seine finanziellen Probleme hinter sich zu lassen, nichts Besseres einfällt, als die beiden Gangster Carl und Gaear (Steve Buscemi und Peter Stormare) anzuheuern, die seine Frau entführen sollen, damit er Lösegeld von seinem reichen Schwiegervater erpressen kann.
Im Vergleich zu "Blood Simple", der noch eher ernsthafter Thriller mit einigen pechschwarzen Humoreinlagen war, ist "Fargo" eine pechschwarze Komödie mit einigen Thriller-Elementen – und das im unverkennbaren Coen-Stil, sodass Fans voll auf ihre Kosten kommen. Bevölkert von skurrilen Charakteren schreitet die Geschichte unvorhersehbar voran, stapelt alsbald Leichen über Leichen und nimmt sich dabei doch immer wieder Zeit für verblüffend anrührende Momentaufnahmen, wenn dem Zuschauer Einblicke in die perfekt-harmonische Ehe der Gundersons mit Marges liebenswerten Mann Norm (John Carroll Lynch) als Ruhepol gewährt werden. Auch Pechvogel Jerry erhält viele leise Szenen, die das wilde blutige Treiben drum herum noch absurder erscheinen lässt, als es ohnehin schon ist.
"Fargo" fand auch die Zustimmung der Kritik und wurde gleich für sieben Oscars nominiert (u.a. in den Kategorien "Bester Film" und "Beste Regie"). Frances McDormand erhielt ihn als Beste Hauptdarstellerin – und auch das Drehbuch der Coen-Brüder wurde ausgezeichnet. Seit 2014 gibt es eine gleichnamige, bislang vier Staffeln umfassende Serie, die mit einem von Staffel zu Staffel wechselnden Schauspielensemble in jeweils in unterschiedlichen Jahrzehnten stattfindenden abgeschlossenen Geschichten Humor und Stimmung der Vorlage aufgreift und dabei mit Querverweisen auf das Coen-Schaffen nicht geizt.
Mehr? Review von PierrotLeFou
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