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von PierrotLeFou

Vor 75 Jahren: Wylers schonungsloses Nachkriegsdrama

Stichwörter: 1940er Andrews Drama Jubiläum Klassiker Krieg Loy March Spielfilm Toland USA Wyler

The Best Years of Our Lives (1946)

Was sind die besten Jahren eines Lebens? Die Kindheitsjahre? Die Jugendjahre? Die Jahre, ehe der Körper mit Mitte 20, Anfang 30 seine Hochphase überschritten hat? Die ersten Ehe- oder Berufsjahre? Die ersten Jahre als Elternteil? Wie auch immer die Antwort ausfallen wird, die besten Jahre dürften – bei angenommener Durchschnittslebensdauer – gemeinhin in der ersten Lebenshälfte verortet werden. Was aber, wenn diese Jahre in die Kriegszeit oder auch die unmittelbare Nachkriegszeit mit all ihren Traumata, Schäden und Nachwirkungen fallen? Wenn die eigentlich schönsten Jahre eines Lebens die schlimmsten sind...? William Wyler, der nach rund zehnjähriger Regiekarriere von "Dodsworth" (1936) über "Jezebel" (1938). "Wuthering Heights" (1939), "The Westerner" (1940) oder "The Little Foxes" (1941) zu einem der gewichtigsten Filmschaffenden – nicht nur Hollywoods – avanciert ist, hat eine der ambitioniertesten Aufarbeitungen des Schicksals von Kriegsheimkehrern geliefert. Vergleichbar mit John Hustons dokumentarischem "Let There Be Light" (1946/1980), der etwa zeitgleich fertiggestellt, aber erst 1980 uraufgeführt worden war, rückt Wyler in seinem – am 21. November 1946 uraufgeführten – "The Best Years of Our Lives" die Nachwirkungen des Krieges für US-amerikanische Kriegsheimkehrer in den Blick: Drei Veteranen kehren hier in ihre Heimatstadt zurück – einer von ihnen in eine durch die lange Abwesenheit nicht mehr intakte Ehe, ein anderer zu seinen jungen Kindern, die ihn nicht kennen, und ein dritter (gespielt vom schwer kriegsversehrten, mit einem Ehrenoscar bedachten Laien Harold Russell, der sein Schicksal zuvor in Joseph M. Newmans "Diary of a Sergeant" (1945) geschildert hat) hat seine Hände verloren und läuft nun mit Stahlhaken an beiden Armstümpfen herum. Das ist erschütternd und von einem bestürzenden Realismus, den auch Wylers perfektionierte Classical Hollywood-Ästhetik nicht mildert, die hier übrigens herausragende Qualitäten erreicht: Der nicht zuletzt von Gregg Toland gemeisterte Umgang mit der Schärfentiefe in diesem Film ist so beispielhaft wie häufig analysiert worden. Mit Myrna Loy, Dana Andrews und Fredric March stark besetzt ist hier ein rarer Überklassiker entstanden, der zu den ernstesten und sozial engagiertesten Werken des Classical Hollywood zählt: seinerzeit ein immenser Erfolg bei Kritik und Publikum, der sieben Oscars, den Irving G. Thalberg Memorial Award sowie einen Ehrenoscar und eine weitere Oscar-Nominierung erntete und zum größten Kassenerfolg der 40er-Jahre geriet. Heftige Kritik kam bald darauf von Ayn Rand – was wohl auch als Gütesiegel verbucht werden kann.
Mehr zum Film verrät Bretzelburger in seinem Review...


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