Badlands (1973)
Mit nur zwei Filmen schaffte es der Autor und Regisseur Terrence Malick, sich als unverwechselbare Stilist im New Hollywood-Kino der 1970er Jahre zu etablieren: sein Spielfilmdebüt „Badlands“ ließ bei seiner New Yorker Premiere am 13. Oktober 1973 aufhorchen, 1978 folgte dann „Days of Heaven“ und zementierte Malicks Ruf als Ausnahmeregisseur. Regelrecht zum Mythos wurden er und seine beiden Filme allerdings, als der ohnehin öffentlichkeitsscheue Malick eine fast 20-jährige Schaffenspause einlegte und komplett von der Bildfläche verschwand.
Auf den ersten Blick ist „Badlands“ ein True-Crime-Drama, das ein jugendliches Verbrecherpärchen aus den 50er Jahren zum Vorbild nimmt, das auf seiner mörderischen Tour durch den Mittleren Westen elf Opfer hinterlassen hatte. Doch anders als z.B. Arthur Penns „Bonnie and Clyde“ (1967) interessiert sich Malick nicht für die Gewaltdarstellung oder eine konventionelle Spannungsdramaturgie. Für ihn sind die kargen, sich ins Unendliche erstreckenden Ebenen von South Dakota, in denen Armut und Langeweile die Menschen verrohen lassen, ein Ort, dem Jugendliche entkommen wollen. Er legt den Hauptdarstellern Sissy Spacek und Martin Sheen (beide spielen überzeugend etwa zehn Jahre jüngere Figuren) lakonische, oft erratische oder nichtssagende Dialoge in den Mund, die sie als unfertige, empathiefreie Charaktere erkennen lassen. Dabei spielt es durchaus eine Rolle, daß Malick das uramerikanische Rebellennarrativ aus der Perspektive des akademisch gebildeten, kunsthistorisch beschlagenen Außenseiters betrachtet (er hatte klassische Philosophie studiert und gelehrt). "Badlands" führt den absurden Widerspruch zwischen der unheroischen, fast beläufig wirkenden Ermordung Unschuldiger und der gleichzeitigen reflexhaften Glorifizierung von Verbrechern zu „Rebellen“ durch die Presse und die Öffentlichkeit vor Augen. Martin Sheens Figur kokettiert mit dem medialen Vorbild James Dean und nimmt wie zufällig dessen Pose mit dem geschulterten Gewehr aus „Giants“ (1957) ein. Zwar beendet Malick sein nachdenkliches Portrait mit einer genretypischen Verfolgungsjagd, doch zuvor zeigt er das Killerpärchen in einer selbstgebauten Zuflucht in malerischer Seenlandschaft. Dort leben sie in geradezu paradiesischer Unschuld, ernähren sich von Fischfang und sind in ihrer verblüffenden Naivität und Weltfremdheit nicht fähig, ihre Taten zu reflektieren. Malick versteht es, wunderschöne, wie zufällig montierte Naturaufnahmen mit entlegener, selten gehörter Marimbamusik und Kinderlied-Chören von Carl Orff zu untermalen, so daß der Film eher einem Bild-Klang-Gedicht ähnelt als der stringenten Erzählung eines Thrillers.
Malick meldete sich dann 1998 mit einem grandiosen “The Thin Red Line” zurück, der im Prinzip weiterhin die Filmsprache von „Badlands“ und „Days of Heaven“ verwendete. Ab 2005 folgten dann weitere Filme, die seine gern als poetisch umschriebenen Stilmittel bis zu einem Extrem führen, von dem manche Kritiker meinen, daß sie ihres Zaubers beraubt würden. Dieser Zauber ist jedoch in „Badlands“ noch ganz in seiner frühen, wirkmächtigen Ausprägung spürbar und kommt in der restaurierten Fassung der Blu-ray-Ausgaben (die deutsche ist aktuell vergriffenen) besonders gut zur Geltung. Die OFDb-Kritik von Jayson stellt über ein Filmmusikzitat die Verbindung zu „True Romance“ von Tony Scott her (1993, Anniversary-Text), dem etwas jüngeren Filmklassiker über ein junges Paar in kriminellen Verwicklungen.
Registrieren/Einloggen im User-Center