McCabe & Mrs. Miller (1971)
Robert Altman hatte lange für das Fernsehen gearbeitet und war mit über 40 Jahren zum Kinofilm gewechselt, und vor allem der unerwartete, aber durchschlagende Erfolg von „MASH“ (1970, Anniversary-Text) bescherte Altman die Möglichkeit, in den folgenden Jahren einige der besten Beiträge zum amerikanischen Autorenkino außerhalb des New Hollywood zu leisten. Der Western „McCabe & Mrs. Miller“, der am 24. Juni 1971 Premiere feierte, gehört zweifellos dazu.
Wie schon bei „MASH“ baut Altman bei „McCabe & Mrs. Miller“ auf einer Romanvorlage auf (in diesem Fall „McCabe“ von Edmund Naughton), fügt bei der filmischen Umsetzung jedoch seinen entscheidenden „Altman-Touch“ hinzu. Versatzstücke des Genres kommen zwar zum Einsatz, ordnen sich aber einer subversiven, politischen Zustandsbeschreibung unter, die sowohl auf den nicht mehr ganz so Wilden Westen als auch auf die Situation der späten 1960er Jahre in den Vereinigten Staaten zutrifft. Altman sympathisierte mit den linken Studentenbewegungen und verleiht der im Nordwesten gelegenen Minengräberstadt in „McCabe & Mrs. Miller“ das Gepräge einer Hippiekommune, die sich mit Sex und Glücksspiel die Zeit vertreibt. Sie wird vom Spielsalonbesitzer McCabe (Warren Beatty) und der Bordellbetreiberin Mrs. Miller (Julie Christie) geführt, allerdings nur so lange, bis ein monopolistisches Bergbauunternehmen ein Auge auf die florierende Stadt wirft. Das Ende der Stadt durch den Zugriff des Großkapitals bietet aber nur die Folie für eine unausgesprochene, tragikomische Liebesbeziehung zwischen dem oft törichten McCabe und der pragmatisch-starken Mrs. Miller. Lieder von Leonhard Cohen, obgleich anachronistisch, sorgen für eine melancholische Grundstimmung, während die erstmalige Zusammenarbeit mit dem Kameramann Vilmos Zsigmont die verhangene und verregnete Landschaft stimmungsvoll in Szene setzt.
Altman entzaubert und demythologisiert das Westerngenre auf originelle und liebenswürdige Art (ungleich schärfer und galliger sollte das 1976 mit „Buffalo Bill and the Indians“ geschehen) und versteht es, auch dem finalen Shootout im tiefen Schnee jeglichen Heroismus zu nehmen, ohne seinen Antihelden McCabe dabei der Lächerlichkeit preiszugeben. Aktuell ist „McCabe & Mrs. Miller“ günstig als UK-DVD oder bei Streaminganbietern zu erwerben, die schönste Ausgabe jedoch ist die Blu-ray der Criterion Collection (Fassungseintrag), die mit einer neuen 4K-Restaurierung und reichhaltigen Extras aufwartet.
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