Cabaret (1972)
Bob Fosse war eine Broadway-Größe: Im Filmgeschäft legte er bloß fünf Langspielfilme vor, sicherte sich aber doch den Status eines der einflussreichsten Regisseure einer ganzen Dekade – der nicht bloß das Filmmusical erheblich prägte, sondern (trotz der geringen Anzahl filmischer Arbeiten) gute Kenntnisse des Weltkinos erkennen ließ: "Sweet Charity" (1969) war eine Musical-Version von Fellinis "Le notti di Cabiria" (1957), in der Shirley MacLaine auf ihre Rolle in "Irma la Douce" (1963) anspielte. Ein weiterer Fellini-Film, "8½" (1963), gab zehn Jahre später die Vorlage des Musical-Dramas "All That Jazz" (1979) ab. Zwischendurch entstanden das Biopic "Lenny" (1974) über den hier von Dustin Hoffman gespielten Komiker Lenny Bruce sowie der am 13. Februar 1972 uraufgeführte "Cabaret", der mit "All That Jazz" als Fosses Meisterstück gilt, aber wesentlich prägender für die Musical-Entwicklung sein sollte.
In der Hauptrolle spielt Liza Minnelli – Tochter immerhin vom Mucial-Experten Vincente Minnelli und von Musical-Star Judy Garland. Sie ist die US-Amerikanerin Sally Bowles, die im Berliner Kit Kat Club auftritt: 1931, als sich schon zunehmend die Nationalsozialisten tummeln. An ihre Seite tritt bald Michael York als britischer Brian Roberts, der sich hier an seine Dissertation machen will. Beide wird eine Liebesgeschichte verbinden – auch wenn Brian sich vor allem zu Männern hingezogen fühlt. Aber beide werden auch eine Affäre haben – und zwar unwissentlich mit demselben Mann: Helmut Griem naheliegenderweise, der Star aus "La caduta degli dei" (1969). Und während nebenher in einem Nebenstrang ein jüdisches Pärchen – dessen männlicher Part sich aus Sorge vor den Repressalien dem Christentum zugewandt hat – die Eheschließung anvisiert, da steigen die Nationalsozialisten erfolgreich auf... und sind nun auch im Kit Kat Club, der sich dem Zeitgeist anpasst, gern gesehene Gäste. "Money makes the world go round", wie es eben in einer der besten Musicalnummern dieses Films heißt, der insbesondere in diesen Musicalszenen ganz groß auftrumpft, Surreales und Groteskes mixt, die goldenen 20er mit aller Frivolität nachhallen lässt und sogar auf den noch ganz, ganz jungen Sadiconazista-Sektor rekurriert, der – etwa in "Salon Kitty" (1976) von Tinto Brass – so ein bisschen vom "Cabaret"-Geist atmet, der durch eine Vielzahl von Musicals der letzten 50 Jahre weht, im 21. Jahrhundert vielleicht sogar mehr denn je...
Das ist unter anderem Thema im prägnanten Review von Hitmanski.
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