Kauas pilvet karkaavat (1996)
Finnlands Arbeitslosigkeitszahlen waren Anfang der 90er Jahre geradezu erschreckend angestiegen: die Zahlen kratzten in der ersten Hälfte der Dekade bisweilen gar an der 20%-Marke; erst in der zweiten Hälfte der Dake vermochte man sie allmählich zu halbieren. Grund genug für Aki Kaurismäki, einen ganzen Film rund um die Arbeit und die Arbeitslosigkeit zu drehen – sympathisierend mit den teils arg gebeutelten, lakonischen Figuren, ihnen stets ihre Würde lassend... selbst dann, wenn die Figuren jenen Filmen, die Kaurismäki selbst vergöttert, nach einem Kinobesuch wenig abgewinnen können. Die Rede ist vom am 26. Januar uraufgeführten "Kauas pilvet karkaavat".
Kaurismäkis deutliche, auch in Interviews mehrfach bekundete Sympathie für diese einfachen Menschen und prekären Verhältnissen gleicht ein wenig derjenigen des ungarischen Kollegen Béla Tarr. Doch Kaurismäkis Figuren sind reiner, makelloser und die Filme – gerade auch die Filme der Suomi-trilogia, der Finnland-Trilogie, zu der man "Kauas pilvet karkaavat", "Mies vailla menneisyyttä" (2002) und "Laitakaupungin valot" (2006) zusammenfasste – sind weniger pessimistisch, sondern nehmen die Form durchaus humorvoller Sozialmärchen an: So steht zwar das Restaurant Dubrovnik vor der Übernahme durch eine größere Kette, Oberkellnerin Ilona (Kati Outinen) ist ihren Job los, so verliert zwar auch Ilonas Partner erst den Job und dann auch noch den Führerschein, aber letztlich gibt man sich nicht geschlagen, sondern schlägt sich viel eher durch, bis man mit einem eigenen neuen Restaurant am Ende verhalten optimistisch in eine Zukunft blicken kann, die besser zu werden verspricht. Ohne dass Kaurismäki das alte Lied vom gerechten Lohn des Fleißes und der harten Arbeit bedienen würde. Viel lakonischer Humor, gemächlicher Minimalismus, eine ordentliche Portion Melancholie – die Kaurismäki auch seinem eigentlich angedachten Hauptdarsteller Matti Pellonpää (1951-1995) widmet, der aufgrund seines Ablebens bloß noch in Foto-Form gegenwärtig ist... und dazu eine Farbdramaturgie, die Kaurismäki wie Pedro Almodóvar als einen originellen Godard-Jünger ausweist und die darüber hinaus der optimistischen Grundierung vollkommen gerecht wird. Damit konnte der finnische Kritiker- und Programmkinopublikums-Liebling punkten... den ganz großen Erfolg verbuchte er dann aber mit dem noch wesentlich zuversichtlicheren "Mies vailla menneisyyttä", der als Mittelteil der losen Trilogie zu den großen Höhepunkten in Kaurismäkis Schaffen zählt.
Günstig zu bekommen ist der Klassiker bei Pandora Film auf DVD als Double Feature mit Kaurismäkis "Pidä huivista kiinni, Tatjana" (1994) (Fassungseintrag von Orli86), wohingegen die vergriffene Aki Kaurismäki Collection 4 (Fassungseintrag von Squalus) mittlerweile recht überteuert gehandelt wird. Aktuell ist er auch noch bis Ende April in der arte-Mediathek mit vier weiteren Kaurismäki-Filmen zu sehen...
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